Ein Ausflug in die Geschichte der Ordenskirche von
Deutsch Eylau
(Das Grabgewölbe)
von
Gerhard Templin
Bearbeitung
C. Mühleisen
Die Ordenskirche von Deutsch
Eylau war ursprünglich ganz unterwölbt. In diesem Raume wurden sehr
viele Pfarrer und wohlhabende Bürger der Stadt beigesetzt. Man musste
allerdings 3 Taler in die Kirchenkasse zahlen. Es ist bis heute nicht
geklärt, wie sich die sterblichen Überreste gehalten haben.
Da der
größte Teil des Raumes feucht und muffig wurde, trennte man die
östlichen Gewölbe, die unter dem Altarraum waren, durch eine Mauer ab.
Diese beiden Räume waren trocken und gleichbleibend kühl. Sie waren
aber im Laufe der Zeit stark vernachlässigt. Der damalige
Superintendent Jablonski veranlasste im Jahre 1941, dass diese
Grabgewölbe renoviert wurden. Es wurde vor dem Altar unter einer Klappe
eine Treppe eingebaut und eine Elt-Anlage installiert. Danach erhielt
mein Vater (Fritz Templin, Malermeister) den Auftrag, die Malerarbeiten
auszuführen. Es war im Juni oder Juli 1941, ein sehr heißer Sommertag,
als wir (2 Lehrlinge) in diese Gruft mit einem gemischten Gefühl
hinunter stiegen. In dem Grabgewölbe standen etliche schwere
Eichensärge, von denen einige fest verschlossen waren. Wir deckten
alles sorgsam ab und strichen den berappten Putz mit Kalkfarbe. Es war
12 Jahre alter, eingesumpfter Kalk mit dem wir Decken und Wände
gestrichen haben.
Nach einigen Tagen musste ich alleine in das
Grabgewölbe steigen. Ich war damals 16 Jahre jung. Ein Spruch sollte an
die rechte Bogenwand geschrieben werden, aber in alter Schrift, so
wollte es der Her Superintendent. Ich fror mit meinen leichten
Angstgefühlen und hatte mir 3 Pullover angezogen. Die Schriftproben
wurden vom Herrn Superintendent genehmigt und ich konnte beginnen. Es
war für mich, als junger Lehrling eine kleine Ehre, dass ich mit diesen
Arbeiten betraut wurde. Mit Zeichenkohle, mit der ich gut umgehen
konnte, machte ich zuerst eine Skizze, damit auch die Schrift in den
Bogen hinein passt. Mit einem Plattpinsel und dunkelbrauner
Kalkkaseinfarbe schrieb ich dann den Spruch.
Der Spruch lautete: "Ich
bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der wird
leben, ob er gleich stürbe."
Es war unheimlich
still in diesen beiden Räumen. Ab und zu knisterten die alten
Eichensärge, was mir recht gruselig vorkam. aber der Herr
Superintendent brachte mir leichten Glühwein und auch warmen Tee. Ab
und zu kamen Besucher und auch Konfirmandenklassen und sahen sich diese
Anlage an. Hier unten kam ich zum ersten Mal mit der Geschichte unserer
Heimatstadt in Berührung, von der ich bis heute nicht mehr loskam. 3
Särge hatten in der Mitte eine Öffnung (Fenster). Der Anblick der
Mumien steigerte noch mehr mein Angstgefühl. Aber man kann sich an
alles gewöhnen. An der Stirnwand stand eine gemauerte Steinsäule, auf
der eine Kerze stand und darüber hing ein schwarzes Kreuz. Rechts und
links waren Wandlampen angebracht. Der Fußboden stammte auch aus der
Ordenszeit und war aus Klinkersteinen im Ordensformat. Die Eichensärge
waren alle aus Naturholz angefertigt und waren nach meiner Ansicht mit
keiner Imprägnierung behandelt.
Nun musste ich noch die
Eichenschilder der mumifizierten Leichen beschriften, da die alten
Schilder unleserlich und stark beschädigt waren. Es waren nur einige
Namen bekannt:
1.) Wilhelm Albert Graf von Finckenstein,
Erbhauptmann von Deutsch Eylau, geb. 11.12.1705, gest. 15.4.1752.
(Er
war der Stifter der großen Glocke).
2.) Hedwig Elisabeth, geb. von
Rippin, gest. 1. Febr. 1752, (42 Jahre alt. Sie war die Gemahlin des
Vorgenannten.)
3.) Oberstleutnant Johann Friedrich von Jung Boyen,
geb. 18.7.1720, gest. 31.10.1777.
4.) Hedwig, geb. von Holtzendorf,
Gemahlin des Vorgenannten, geb. 2.3.1732, gest. 2.9.1773.
(Die unter 3
und 4 genannten sind die Eltern des späteren preußischen
Feldmarschalls von Boyen.)
5.) Ein schwedischer Ritter,
wahrscheinlich aus dem 30-jährigen Krieg.
Der
mit einem Fenster versehene Sarg mit der Mumie des schwedischen Ritters
Ausschnittvergrößerung von obiger Fotografie
6.) Auch Bürgermeister
Jakob Mück und seine Ehefrau, geb. Werner wurden 1751 gemeinsam in
einem Sarg beigesetzt. Am Fußende liegt ein Kind. Die Frau des
Bürgermeisters Mück wurde mit Kranz und Schleier beigesetzt. (Der Grabstein des
Bürgermeisters Mück wird jetzt in der Eingangshalle der Kirche
aufbewahrt. Er trägt unter der Widmung den Spruch 2, Sam. 7, Vers 18:
"Wer bin ich Herr, Herr, und was ist mein Haus, daß du mich bis
hierher gebracht hast?"
In diesem Sarg liegt die ermordete Familie von Bürgermeister Jakob
Mück. (Fotos G. Templin)
Ausschnittvergrößerung
Die
Krypta nach der Renovierung im Juni / Juli 1941 (G. Templin)
Nach dem letzten Krieg besuchte ich
1975 wieder die Ordenskirche und wieder ging es hinunter in das
Grabgewölbe. Ein junger polnischer Pfarrer, deutscher Abstammung,
machte die Führung. Decke und Wände waren stark angeräuchert,
ebenfalls die Wand mit dem Spruch, der noch vorhanden war. Was war
geschehen?
Als die Russen Deutsch Eylau besetzten, machten sie
in der Gruft Feuer. Es gelang ihnen nicht, denn die alte Eiche brannte
nicht. Es war alles nur stark verrußt. Nur das Schwert des schwedischen
Ritters hatte man gestohlen. Der Pfarrer erzählte uns, dass dieser
Spruch "Jahrhunderte überdauert hat." Nach der Führung klärte ich ihn
auf, natürlich unter 4 Augen. Er fiel in die Knie und zündete mir
gleich etliche Kerzen an. Er erzählte uns auch von einem unterirdischen
Gang zur Insel Gr. Werder. Ich sagte ihm, dass es so etwas nicht gegeben
hat, denn unter dem See hatte man noch nicht bauen können. Ein
Fluchttunnel zum kleinen Geserichsee wäre allerdings möglich gewesen,
aber auch hier weiß man nichts Genaues. Die Burg Schönberg hatte einen
Tunnel, der sehr weit war. Obwohl alte Burgen und Schlösser solche
Fluchtwege hatten, wollen wir unseren Tunnel im Reiche der Sagen lassen.
Dieses war ein kleiner Abstecher in die Geschichte unserer kleinen
Stadt. Wir wollen hoffen, dass dieses Grabgewölbe noch lange vorhanden
bleibt.
Copyright Gerhard Templin & Christa Mühleisen |