Zu Pfingsten gab es Aal-blau

von Gerhard Templin

Bearbeitung: C. Mühleisen


Der Geserichsee bei Dt. Eylau war nicht nur durch seine "Zander" bekannt, sondern die Aale spielten eine große Rolle. Das Seeteil "Die Motten" hinter der Insel Gr. Werder war dafür bekannt. Aber auch in der Schleuse in der Wassermühle war ein Aalfang eingebaut, da fing Müllermeister Reintz Aale. Wir haben dort im Privathaus zu Pfingsten Malerarbeiten ausgeführt. Mein Vater brachte vom Müllermeister 2 Aale mit. Dieses war im Jahr 1941. Meine Mutter, noch recht jung an Jahren (35), wollte die Aale zubereiten. Es war der Sonnabend vor Pfingsten und ich war in unserer Werkstatt. Da hörte ich Hilferufe. Ich lief schnell in unsere Küche, da hatte meine Mutter die beiden Aale an die innere Speisekammertür gehängt, um die Schleimhaut der Fische mit Salz abzureiben. Diese haben ja bekanntlich ein langes Leben. Sie drehten sich um den Arm meiner Mutter und sie bekam Angst. Ich fing an zu lachen und sie sagte: "Du dämlicher Bengel, kannst du das besser?" Aber ich konnte es, denn vor einigen Tagen haben wir den Ratskeller und auch die Küche renoviert. Dort gab es immer am Freitag "Aal blau - nach dem Gedeck Butter und Käse" stand auf dem Speiseplan. Die dortige Mamsel zeigte uns die Zubereitung. Die Fische wurden zuerst in ca. 8 cm große Stücke geschnitten. Die Innereien durch Drehung mittels eines spitzen Messers herausgeholt, dadurch blieben die Stücke schön rund. Dann mit Salz zwischen den Händen abgerieben und gewässert. Da staunte meine Mutter und fortan wurde der Aal bei uns so zubereitet.



Fischmarkt in Dt. Eylau (G. Templin)

Am gleichen Tag wollte meine jüngste Tante für ihren Mann auch einen Aal kochen. Da sie von uns ca. 100 m ab wohnte, kam sie plötzlich mit wehenden Haaren zu uns. Es war bereits 11 Uhr und um 12 Uhr kam ihr Mann zum Essen. Ich musste auch in Eile dorthin. Aber was sah ich da ? Sie hatte den Aal in der Badewanne schwimmen lassen. Ich musste ihn erst fangen und töten und dann wurde er zubereitet wie im Ratskeller.



Aalfang bei der Tante Lene (G. Templin)

Es war kurz vor dem Kriege im Jahr 1939. Auf unserem Fischmarkt an der Druckerei Estner standen einige Fischstände. Meine Tante Anna schickte ihre Tochter, also meine Cousine Hilde auf den Markt zum Einkauf. Sie kaufte auch 2 Aale, die noch lebten. Eingewickelt in Zeitungspapier legte sie diese in ihr Netz. Zufällig traf sie eine alte Schulfreundin und wie es so bei jungen Mädchen ist, jabberten sie um die Wette. Die beiden Aale fanden die Gefangenschaft nicht lustig. Sie schlüpften aus dem Papier und Netz auf den Bürgersteig. Da dort ein Regenwasserkanal ist, waren sie bald verschwunden. Als die Cousine nach Hause kam, suchte die Tante die Fische, die waren bestimmt bald im Geserichsee, zum Gelächter der ganzen Verwandschaft.



Cousine Hilde mit Freundin (G. Templin)


Das letzte Erlebnis war erst vor einigen Jahren. Wir hatten mit drei Mann den Auftrag, in der alten Heimat einige Landsleute geldlich zu betreuen. Nach getaner Arbeit waren wir von unseren Quartierleuten zum Abendessen eingeladen. Es ab gegrillte Steaks. Da kam plötzlich unser Heimatfreund Joachim und brachte uns 5 frische Aale, die bereits ausgenommen waren. Sie sollten gegrillt werden. Aber keiner von uns hatte jemals einen Aal gegrillt. So band man mir eine Schürze um und ich nahm mein ganzes mündliches Wissen zusammen. Ich zerschnitt sie und bereitete sie zu wie im Ratskeller. Dann füllte ich die Stücke mit etwas Dill, Petersilie und Kräuterbutter, wickelte sie in Alufolie und legte sie auf den heißen Grill. Nach etwa 15 Minuten waren sie gar. So etwas Feines haben wir noch nicht gegessen. Dazu gab es Fladenbrot und Gemüse. Zur besseren Verdauung gab es reichlich Wodka. Wir waren nur 6 Personen, aber mehr möchte ich nicht berichten. Es war eine schwere Nacht. Soweit meine Berichte über die Aale aus dem Geserichsee. 

Anmkg.: Jedes Mal, wenn Herr Bittermann aus Deutsch-Eylau kommt, hat er geräucherte Aale aus dem Geserichsee zum Verkauf.


Das Nutzungsrecht der Urheberrechte an den Bildern und Aufzeichnungen von Herrn Gerhard Templin wurde an Frau Christa Mühleisen übertragen.