Adler im Kreis Rosenberg Der Volksmund nannte einige
Teile unserer großen Wälder "Adlerwinkel", weil dort in
alten Zeiten Adler gehorstet haben sollen. Und wir Kinder verbanden mit
diesen Sagen aus verklungenen Zeiten wildromantische Vorstellungen von
einer urwüchsigen Natur und bevölkerten sie in unseren Gedanken mit
kraftvollen, riesengroßen Wesen. Denn das Geschichtenbuch unserer
Kinderzeit und ein etwas windschiefer Unterricht in den Schulen hatte
ein solches Bild des Adlerlebens in unsere Kinderherzen geritzt. Adler
seien Tiere von der Größe kleiner Flugzeuge, sie lebten im Hochgebirge
und horsteten dort an steilen, unzugänglichen Wänden, sie raubten Gämsen und auch kleine Kinder. Das wir in dem sogenannten Adlerwinkel
weder eine Felswand noch einen Adler zu sehen bekamen, schmälerte
unsere Lust keineswegs. Die nachtdunklen Tannen und die himmelhohen
Kiefern waren uns Wildheit genug.
Wo waren nun die Adlergebiete
im Kreis Rosenberg? Wir fanden sie am Widlungsee, Moddersee, Schwalgen-,
Schwanen- und Kafkensee, Januschauersee bis Geserichsee, Buchten- und
Tromnitzsee, Buchtengraben, Schwalgendorfer Wald oder Forst, Januschauer
Wald mit Zollnick, sowie am Karraschsee und Gaudensee.
Ein
Großteil unserer Landsleute denkt bei einem Adler nur an den Steinadler
des Hochgebirges und hat keine Kenntnis davon, dass der Steinadler
ebenso in den Ebenen Norddeutschlands lebt und dass es außer dieser
großen Adlerart noch ein halbes Dutzend anderer Adler gibt. Und nur
wenige Ost- und Westpreußen wissen es, dass ihre wunderschöne Heimat
nicht nur das Land der tausend Seen, das Land der wilden Schwäne, das
Land der vielen weißen Störche, sondern ein Land der Adler ist. Eine
große Zahl der Adler schwebt im Sommer und auch Winter über dem
einzigartigen Land des Kreises Rosenberg. Hier haben wir 7 verschiedene
Adlersorten, der Größe nach: Seeadler, Fischadler, Steinadler,
Schelladler, Schlangenadler, Schreiadler und auch Zwergadler. Bleiben
wir gleich beim Steinadler.
Aufgrund der strengen
Schutzmaßnahmen hat sich der Vogel stark vermehrt. Alte Seeadler sind
weißschwänzig und daran leicht von den Steinadlern zu unterscheiden.
In der Nähe der Seeufer hat er seine Standbäume und ruht dort wie ein
Klotz. Wehe den Enten, die bei seinem Erscheinen nicht wegfliegen. Es
beginnt dann ein Spiel auf Leben und Tod. Meistens sind es zwei, die die
Ente jagen, bis diese nicht mehr tauchen kann. Ihre Todesangst und
Atemnot lähmen ihre Kräfte. Zuletzt braucht dann der Adler kaum mehr
als einen lässigen Griff, um die erschöpfte Ente zu fassen. Sie jagen
dicht über dem Wasser. Die jagenden Adler sind nicht böse, wenn nun
einer seine Beute fängt. Der Fänger kröpft sie, während der andere
lammfromm auf einem Baum sitzt und keine Anstalten macht, seinem
Jagdgenossen die Beute streitig zu machen. Eine große Kolonie war auf
der großen Insel im Tromnitzsee. Sie liegt gleich neben der Halbinsel,
wo die vielen Kormorane und Reiher beheimatet sind. Früher waren diese
beiden Vögel auf der kleinen Insel, deren Bäume aber durch den Kot
völlig zerfressen sind. Während bei den Reihern und Kormoranen starker
Lärm ist, hört man von den Adlern keinen Laut.
Gefährlich
sind die Seeadler, wenn sie Junge haben, dann können sie auch schon mal
angreifen. Sie lassen sich senkrecht fallen und wehe dem, der keine
Kopfbedeckung hat. Vom Seeadler muss man den Fischadler wohl
unterscheiden. Während der Seeadler bis 2,5 m spannt, bringt es der
Fischadler auf 1,70 m. Sein weißer Kopf und seine weiße Unterseite
macht ihn weithin sichtbar. Der Geserichsee war bei uns das beste
Fischadlergebiet. In den höchsten Kiefern lagen die Horste und sehr
viele im Schwalgendorfer Forst.
Flügelschlagend hält sich der jagende
Adler über dem Wasser. Erblickt er einen Fisch, so legt er die Flügel
an und saust wie ein schwerer Stein senkrecht in die Tiefe. Das Wasser
spritzt meterhoch auf und er verschwindet darin. Endlich taucht er auf
und trägt seine Beute davon. Wenn ein Mensch sichtbar wird, fliegt er
über seinem Horst hin und her. Er ruft warnend "jäpjäpjäpjäpjäp"
in langen Reihen, und die Jungadler im Horst drücken sich flach auf den
Boden. Sie sind aus der Höhe im Horstreisig nicht zu erkennen. In der
Nähe des Horstbaumes sitzt der alte Fischadler und hat von dort den
Horst unter Augen und wacht. Den Jungadlern wird allmählich das hingestreckt
Liegen zu lang und sie wagen es, ein wenig die Köpfe zu
heben. Schon erhalten sie von der Mutter einen Anpfiff. Sofort ducken
sich die Jungen, aber nur für einen kurzen Augenblick. Einer steht auf,
schiebt sich an den Horstrand und schleudert einen weißen Strahl
hinaus. Da wird die Alte böse, sie stürzt herzu und warnt. Manchmal
dauert es sehr lange, bis die Alte zum Nest zurückfliegt. Sie stößt
dann Rufreihen aus, die auf einen anderen Ton gestimmt sind. Erst dann
erheben die Jungen ihre Köpfe.
Ich habe nun genug über die
Adler geschrieben. Dabei wollen wir den Buchtengraben nicht vergessen.
Er kommt vom Buchtensee und endet nach 1000 m im Tromnitzsee. Er ist ca.
2-3 m breit, aber nur 5 cm bis 30 cm tief. Er wird von einem
öffentlichen Weg überbrückt und fließt an einer Wiese vorbei. Diese
ist das Gebiet des Schreiadlers. Sie ist feucht und daher schwer
zugänglich für Menschen. Hier findet der Adler Frösche, Maulwürfe,
Mäuse und Ringelnattern. Dieser Graben fließt unter Baumkronen,
Steinen usw. Es sieht ganz romantisch aus, wenn ein Silberstreifen der
Sonne durch die Bäume auf den Wasserspiegel trifft. Hier findet man
auch den Schwarzstorch und auch die Eisvögel. Kapitale Hirsche gibt es
dort. Außer dem Förster lässt sich dort kaum ein Mensch sehen. |