Vom Postwesen im alten Deutsch Eylau
von
Gerhard Templin
Bearbeitung C. Mühleisen
Deutsch
Eylau besaß vor 1773 keine eigene Post. Es erledigte seinen geringen
Verkehr, der meistens amtlicher Natur war, durch eigene Boten, die die
Aufträge direkt an ihre Adresse besorgten oder der nächsten
Postanstalt übergaben. Personen wurden mit der Postkutsche befördert.
Eilige Briefe durch reitende Boten und Güter per Pferdewagen
überbracht. Die Briefe wurden damals versiegelt. Es wurde schwer
bestraft, wenn jemand ein Siegel aufbrach. Die Stadt hatte in ihrem
Siegel die sitzende Jungfrau Maria unter dem Portal mit dem stehenden
Kind, während die Kirche das Siegel mit der Ordenskirche und der
Umschrift "Erbaut im Jahre 1318" hatte, das noch bis 1945
vorhanden war.
Postzusteller
im Mittelalter (G. Templin)
Nach den Unterlagen wurde z.B. 1720 eine
Geldzahlung von 50 fl. für die neue Feuerspritze, die von Königsberg
gekommen war, an die Post nach Pr. Mark gesandt.
Zu den Kosten
für die Absendung der besonderen Boten, die sich in jeder
Kämmereirechnung fanden, zahlte die Akzisekasse einen jährlichen
Betrag, der aber wegfiel, als 1773 Deutsch Eylau eine eigene Königliche
Post erhielt. Im Jahre 1725 hielten die Städte und Akziseämter Deutsch
Eylau und Rosenberg einen gemeinsamen Boten, der die Briefe nach
Riesenburg auf die Post und die laufenden Verordnungen und Verfügungen
zurückbrachte.
Die Kriegs- und Domänenkammer, die bis dahin
einen Bauern aus dem Amte Pr. Mark gedungen hatte, der gegen
Getreidezins- und Scharwerksfreiheit die Verordnungen von Pr. Mark zum
Amt Deutsch Eylau brachte, forderte in diesem Jahre, dass der Bote der
Städte fortan auch unentgeltlich die Amtssachen nach und von Deutsch
Eylau für die Kammer mitnimmt. Dieses an sich gewiss nicht berechtigte
Verlangen hatte zur Folge, dass der Amtshauptmann die Verordnungen nicht
mehr erhielt, da offenbar die Städte sich weigerten, die Kosten allein
zu tragen. Er beschwerte sich bei der Regierung. Das Ergebnis der
Korrespondenz zwischen dieser und der Kammer ist aus den Akten nicht
ersichtlich, doch scheint der Erbhauptmann keinen Erfolg gehabt zu
haben, obgleich die Regierung anfangs nicht abgeneigt war, ihm Recht zu
geben.
1794 wird das Postamt in Deutsch Eylau erwähnt.
Posthalter war ein Herr Karwiese, der gleichzeitig Hauptmann der
Bürgerwehr war. Postkutschen werden auch zum ersten Mal in dieser Zeit
erwähnt. Es sind Aufzeichnungen vorhanden, die aus dem Beschwerdebuch
aus dem Jahre 1839 stammen. Dieses Buch war sehr sorgfältig geführt
und so interessant, dass ich eine Eintragung veröffentliche.
Pferdewechsel
bei der Postkutsche (G. Templin)
Da
reiste am 5. Januar 1853 der 16 Jahre alte Gymnasiast von Meske
von Löbau nach Marienwerder und kam morgens um 5 Uhr in der
Passagierstube, die sich im Hause des Kaufmanns Roeske in Deutsch Eylau
befand, an. Hier verlangte er, wie verbucht ist, einen Kümmel. Dem
Postexpediteur Mühlenbach oblag die Pflicht, die Reisenden auf
ihren Wunsch zu verpflegen, ihm zur Seite stand der Privatbriefträger Radomski.
Erst nach dreimaligem Klingeln erschien der letztere in der
Passierstube, um die Wünsche des Herrn Gymnasiasten bezüglich des
Kümmels in Empfang zu nehmen. Der Kümmel musste aber von der am
Marktplatz gelegenen Konditorei geholt werden, und die Entfernung dahin
betrug wie wiederum verbucht ist, 200 Schritte.
Als der
Privatbriefträger Radomski, den zweistöckigen Kümmel balancierend,
wieder in der Passierstube eintraf, trug der Passagier bereits eine
Beschwerde über mangelhafte Bedienung in das blaue Buch ein. Doch als
er seinen Kümmel vereinnahmt und seine Laune sich gebessert hatte,
schrieb er auf gutes Zureden des Postexpediteurs Mühlenbach hin
unter seinen Erguss: "Ich nehme die Beschwerde zurück."
Postkutsche
(G. Templin)
Dann
stieß der Postillon ins Horn, und die Postkutsche ratterte mit dem
zufrieden gestellten Herrn ab nach Marienwerder. Mühlenbach
leitete die Beschwerde, die ja nun keine mehr war, nicht an die höhere
Instanz weiter und freute sich im Stillen, das Unheil noch einmal
abgewendet zu haben.
Aber das Schicksal wollte dem wackeren,
wenn auch unbeweibten Postmanne einen Streich spielen. Nach einigen
Tagen fand von Amts wegen eine unerwartete Revision in der
Passagierstube statt: Der Vorgesetzte entdeckte richtig die nicht
weitergeleitete Beschwerde, erstaunte pflichtgemäß und verließ das
Dienstzimmer mit der damals schon üblichen Bemerkung: "Das Weitere
wird sich finden."
Es fand sich auch. In vier Wochen
füllten sich acht Seiten eines eigens angelegten Aktenstückes mit
Protokollen über Vernehmungen in der Sache v. Meske - Mühlenbach. Dieser
hatte sich sein Quantum Schnaps selber angeschafft und zwar nicht für
sich, wie man meinen könnte, sondern "um den Wünschen in der
Frage der Verabreichung von Schnaps besser genügen zu können".
Das nützte ihm aber nichts, und der Oberpostinspektor von der
Oberpostdirektion Marienwerder, der eigens zur Vernehmung des Mühlenbach
in Deutsch Eylau anwesend war, konnte selbst in dessen Angabe, dass
er unbeweibt wäre und deshalb die Bewirtschaftung der Passagierstube
nicht besorgen könne, keinen Entschuldigungsgrund erblicken.
Auch
der Herr Gymnasiast wurde in Marienwerder noch einmal vernommen und gab
an, dass er sich an die Sache nicht mehr erinnern könne, aber wenn er
eine Beschwerde verfasst habe, dann würde es damit auch stimmen.
So
erfolgte nunmehr die Bestrafung des Postexpediteurs Mühlenbach
durch eine vorgesetzte Behörde, der Oberpostdirektion Marienwerder, mit
10 Silbergroschen Geldstrafe. Sie wurde damit begründet, dass die
Herbeiholung des Kümmels aus einer Entfernung von 200 Schritt offenbar
mit einer derartigen Zeitversäumnis verbunden wäre, dass ein
Postreisender bei dieser Verzögerung vollständigen Grund zur
Unzufriedenheit finden könne. O, gute , alte Zeit-.
Aus sehr
bescheidenen Anfängen entwickelte sich mit dem Wachsen und Emporkommen
der Stadt auch das Postwesen, so dass schon 1895 sich das Bedürfnis
nach einem neuen und geräumigen Gebäude immer dringender zeigte und
endlich 1898 der Plan eines Neubaues zum Abschluss kam, der am 1. April
1900 fertig gestellt wurde. Im gleichen Jahr wurden auch die
Fernsprechstellen eröffnet, und drei Jahre später wurde das bis dahin
unter militärischer Verwaltung stehende Postamt 1. Klasse in ein
Zivilpostamt umgewandelt und dem Postdirektor Schulz übertragen.
Das
Postamt in Deutsch Eylau (G. Templin)
Nach
Aufzeichnungen der Postbehörde Löbau ging seit 1828 wöchentlich
zweimal eine Botenpost nach Deutsch Eylau und ab 1884 kamen noch zwei
Postkutschen hinzu. Nach dem 1. Weltkrieg stellte man
Postbusverbindungen nach Saalfeld und Freystadt her. Durch den Bau der
Eisenbahnlinien verloren allmählich die Postverbindungen ihre
Bedeutung. - Am Hauptbahnhof wurde eine Bahnpost gebaut und im Kriege
kam noch die Feldpost dazu.
Auch während des 2. Weltkrieges
verlief der Postverkehr in der Stadt reibungslos. Bis in den Krieg
hinein wurde die Post zweimal täglich zugestellt. Ein Briefträger, den
man an seinem langen Bart erkannte, stellte die Geldsendungen zu. Das
größte Original war der Paketzusteller, der scheinbar nur mit einigen
Schnäpsen sein Auto fahren konnte, aber er kam immer pünktlich an.
Aber so etwas muss es in einer Kleinstadt auch geben. - Herr Amtmann
Maschke führte sein Postamt bis zur Flucht vorbildlich.
Das Nutzungsrecht der Urheberrechte an den Bildern und
Aufzeichnungen von Herrn Gerhard Templin wurde an Frau Christa
Mühleisen übertragen. |