Falken über dem Geserichsee
von
Gerhard Templin
Bearbeitung: C. Mühleisen
Jeder,
der einmal einen Falken sah, erliegt der Faszination dieses
einzigartigen Vogels, um dessen Erhaltung es in diesem Aufsatz geht.
Dieser Vogel stand kurz vor dem Aussterben. Wie wir Menschen, leben auch
die Falken am Ende der Nahrungsmittelkette und sind deshalb durch die
Gifte, die wir ausbringen und die Lebensräume, die wir zerstören,
unmittelbar betroffen.
In den
fünfziger und sechziger Jahren wurden durch Pestizide, wie DDT, viele
Falken vergiftet. Ein Insekt, das von der besprühten Pflanze frisst,
bekommt etwas von dem Gift ab und der Vogel, der das Insekt frisst, noch
etwas mehr, weil sich die Menge des Giftes im Körper der Insekten
bereits angereichert hat. So verminderte sich der Bestand der
Wanderfalken in Europa um die Hälfte und in Westdeutschland gab es nur
noch 1/10 des Bestandes. Damit sich die Falken wieder vermehrten, hat
man die Eier aus den Gelegen durch unechte ersetzt und die echten Eier
in kontrollierten Bedingungen im Brutapparat ausgebrütet und später
ausgewildert.
Wir haben in Ost- oder
Westpreußen folgende Falkenarten:
Turmfalken, Wanderfalken,
Sperber, Habichte, Merline und vereinzelt Rotfußfalken. Sie sind alle
verschieden groß. Der Wanderfalke war bei uns der größte und
schnellste und ist das schnellste Tier auf der Welt. Er fliegt 240 - 320
km/h schnell. Man hat auch schon 440 km/h gemessen. Man kann die Vögel,
die 1000 m hochsteigen, kaum mit bloßen Augen erkennen. Wenn sie
angreifen, dann steigen sie mit 160 km/h auf die Beutetiere und so
genügt schon die Berührung mit einem Zeh, um den gejagten Vogel
bewusstlos zu schlagen oder zu töten. Er ernährt sich von Vögeln, die
er aus der Luft holt und jagt Beutetiere, die 3 - 4 mal so schwer sind
wie er. Er versucht sogar Adlern die Beute zu entreißen, da er
schneller und wendiger ist. Der Adler wehrt sich dann, wenn er sich auf
den Rücken dreht und seine Krallen zeigt. Erstiehlt sogar den Adlern
die Beute aus dem Nest. Man hat beobachtet, dass die Falken sich selten
ein Nest bauen und oft andere Gelege benutzen. Die Nester sind flach.
Das Männchen kundschaftet das Brutrevier aus, während das Weibchen die
Stelle der Eierablage festlegt.
Im Frühling ist Balzzeit der
Falken. Bei diesen Lufttänzen ist das Männche aktiver, als das
Weibchen. Das Männchen macht eine Luftschau und stößt auf das
Weibchen herab, das sich herumwirft, um ihm seine Fängeunterseite
entgegen zu strecken. Oft verschränken sich die beiden Vögel mit den
Krallen und berühren sich mit ihren Schnäbeln zu einem luftigen Kuss.
Das Weibchen legt dann 2 - 6 braungesprenkelte Eier, alle 2 Tage eins.
Das Männchen bringt während der Brutzeit das Fressen. Bei allen
Falkenarten ist das Weibchen größer als der Mann. Bereits 1 oder 2
Monate, nachdem die Jungvögel das Fliegen gelernt haben, müssen sie
ihre Eltern bei den Zügen begleiten, denn sie müssen später 8000 km
zurück legen. Alle Falkenjungen sind aggressive Fresser und machen sich
untereinander das Futter streitig. Der jüngste Vogel hat die geringsten
Überlebenschancen.
Nun möchte ich die Falkenarten beschreiben,
die am häufigsten bei uns im Kreis Rosenberg vorkommen.
Zunächst der
Wanderfalke: Scheitel und Rücken sind schiefergrau, die Unterseite ist
leicht gebändert. Es ist ein großer Falke und ca. 900 Gramm schwer.
Seine Nahrung sind Vögel, die er sich aus der Luft holt. Er ist in der
ganzen Welt verbreitet.
Wanderfalke
(G. Templin)
An zweiter Stelle ist der Turmfalke: Er
ist in der ganzen Welt verbreitet. Das Männchen hat einen grauen Kopf
und Schwanz, einen rostrot geflecken Rücken und eine blassbraune
Unterseite. Es ist ein kleiner Falke, ca. 200 Gramm schwer. Er jagt
Insekten, kleine Vögel und Eidechsen und greift immer von einem
erhöhten Ansatz an.
Turmfalke
(G. Templin)
Ein sehr hübscher Falke ist der Rotfußfalke, der aber sehr wenig bei uns anzutreffen war. Das
Männchen ist dunkelgrau mit heller Unterseite und rostroter
Unterschwanzdecke und Hosen an den Beinen. Das Weibchen ist blaugrau,
Unterseite und Kopf sind orangerot. Er ernährt sich ausschließlich von
Insekten und hat ein Gewicht von nur 156 Gramm. Ich habe diesen Vogel
schon öfter gemalt.
Rotfußfalke
(G. Templin)
Die Aufzucht ist
bei allen Falken gleich. Es gibt Beweise, dass bereits 1000 Jh. vor der
Entstehung Roms in Indien, Persien und Ägypten die Falken zur Jagd
abgerichtet wurden. In Europa verhalf Friedrich der II. von
Hohenstaufen, genannt der Falkenkaiser, dem Sport mit den Falken zum
höchsten Ansehen. Er schrieb 6 Werke: Über die Kunst mit Vögeln zu
jagen.
Noch heute werden Falken zur Jagd von den Beduinen
abgerichtet und sehr teuer gehandelt.
Im Mittelalter war es ein
Sport der Könige und der adligen Herren. Sogar Maria Stuart durfte hin
und wieder für kurze Jagdausflüge ihr Gefängnis verlassen. Die Damen
verwenden auch noch heute die leichten Merline zur Jagd, die nur 185
Gramm wiegen. Die Priester in den Klöstern verwandten Sperber und
Habichtsfalken, die aber sehr groß sind.
Nun zurück zu unseren
Falken in der alten Heimat. Neben den Wanderfalken kamen die Turmfalken
in sehr großer Zahl vor. Man traf sie dort, wo man auch Dohlen fand,
denn auf diese machten sie Jagd. Man fand sie auf Burg- oder
Kirchtürmen. Sie waren früher auch im Turm der Ordenskirche Deutsch
Eylau und Schönberg. Heute sieht man sie in Deutsch Eylau nicht mehr.
Auch Falknereien sieht man heute nicht mehr so viele. In Westpreußen
gibt es eine in der Försterschule Tuchel in der Tuchelerheide.
In
der Bundesrepublik gibt es doch noch einige, u. a. in Springe bei
Hannover (Saupark).
Die Falknerei wird heute von einer kleinen
Anzahl von Männern und Frauen betrieben, die den Sport für aufregend
genug halten, um ihm ihre Zeit und Kraft zu widmen. In vielerlei
Hinsicht hat sich die Falknerei bis zum heutigen Tag nicht sehr
verändert. Die Falkner richten ihre Vögel noch immer so ab, wie es
ihre Vorgänger vor 1000 Jahren schon taten, und auch das Geschirr eines
Beizvogels ist, wenngleich auch modernisiert, noch die alte Art.
Um
entflohene Vögel wiederzufinden, benutzt man heute winzigkleine Sender
- wohl die äußerste Weiterentwicklung der Glöckchen. Inzwischen sind
viele der von den Falknern geflogenen Vögel ausgewachsene Zuchttiere
und Kreuzungen, die die Eigenschaften verschiedener Falkenarten
vereinen.
Nur im Nahen Osten wird die Falknerei noch in großem,
dem Mittelalter vergleichbarem Stil gepflegt. Ganz besonders ist sie
beliebt bei den Scheichs.
Das Nutzungsrecht der Urheberrechte
an den Bildern und Aufzeichnungen von Herrn Gerhard Templin wurde an
Frau Christa Mühleisen übertragen.
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