Die Deutsch Eylauer "Flaniermeile" Die
vielen Zuschriften und Zusammenkünfte mit meinen Verwandten sind für
mich eine Anregung, an unsere Heimat aus der Jugendzeit zu erinnern und
zu schwärmen. So will ich heute über die Deutsch-Eylauer
"Flaniermeile" berichten. Sie wurde auch "die Renn"
genannt und jeder Heimatfreund ob alt oder jung wusste, wo diese
"Renn" war. Sie begann an der Post und endete am Markt. Die
Unentwegten gingen auch um den Markt herum. Diese Seite wurde bevorzugt,
während die Rathausseite weniger genutzt wurde.
Aber
auch in der Eisdiele wurde oft eine Pause eingelegt. Man wusste genau,
wann die einzelnen Gruppen auf dieser Flaniermeile waren. Es gab in
unserer Stadt ein Schülerheim in der Hindenburgstraße, ein
Schülerinnenheim im Hotel Kowalski und ein Schülerinnenheim in der
Haushaltungsschule (Klopsakademie). Es gab auch etliche
Privatunterkünfte, vor allen Dingen für die älteren Jugendlichen, die
in den oberen Klassen waren. Begehrt waren die jungen Mädchen aus der
Haushaltungsschule und dem Schülerinnenheim von Fräulein Vogel, die
meistens nach dem Abendbrot ihre Freizeit hatten. - Oft traf man auch
hier etliche Jugendliche der Berufs- und Berufsfachschulen, die erst
abends ihre Heimfahrt mit der Reichsbahn hatten und ihre Freizeit hier
verbummelten.
Kesse oder
freche Damen gab es auf der Flaniermeile nicht. Wenn es einige
versuchten, wo wurden sie nicht beachtet und kamen in einen schlechten
Ruf. Sie ließen sich dann nicht mehr sehen. Da viele junge Mädchen in
den Abendstunden Klavierunterricht hatten, wurden sie brav nach Hause
begleitet. Ich will nicht auf einzelne Erlebnisse eingehen, aber ein
Erlebnis will ich doch bringen. So hatte ein Freund von mir (er ist
leider gefallen) Abschlussball in der Tanzstunde. Er wartete vor dem
Haus seiner Tanzstundendame mit einem Blumenstrauß, um sie abzuholen.
Die Zeit ging dahin und sie kam nicht. Da kam eine ältere Dame, die
meinen Freund ansprach und sagte, dass sie ihn schon eine Weile
beobachte und meinte, er müsse die Dame zur Pünktlichkeit erziehen. Er
solle es sich nicht gefallen lassen, was er auch ganz ärgerlich
versprach.
Etwas später kam die junge Dame und sie gingen zum Abschlussball. Aber
er erschrak, als er zu seinem Tisch kam und die ältere Dame hier sitzen
sah, die er vor dem Hause gesprochen hatte. Es war die Mutter. Sie sahen
sich an, lächelten, aber keiner sagte ein Wort. Er meinte später zu mir, dass
es noch ein schöner Abend wurde, aber mit der jungen Dame war es nur
eine Episode. Vielleicht gibt es diese junge Dame noch?
Man
traf sich im Schützengraben, und es war die erste große Liebe. Es
wurden außerdem kleine Briefchen geschrieben, vielleicht gab es auch
die ersten zaghaften Küsse? Zu Beginn er Weihnachtsferien kam das
letzte Briefchen, es war das Jahr 1944 und der Jüngling zog von
dannen.......... |
29.09.06 -a-