Im Frühtau zu Berge..... Der Winter, der bei uns sehr
hart war, brachte den Kindern Freude mit Eislauf und Schlittenfahrt. -
Wenn im März die Sonne mit ihrem wärmenden Strahl die langen Eiszapfen
der Dächer zum Schmelzen brachte und über Nacht der Tauwind über den
See geflogen kam, dann rüttelte er an den Fenstern und die morsche
Eisdecke des Sees zerbrach. Am Morgen trieben die grauen Eisschollen im
Wasser und schmolzen an den Uferrändern. Über die Hügel am kl.
Geserichsee kam nun sehr schnell der Frühling gezogen. Die Möwen waren
die ersten über dem See. Sie umkreisten mit Geschrei und
Flügelschlagen die kleinen blanken Wellen. - Wie wunderschön war auch
der Stadtgraben, wenn in der Schlucht und auf dem Hügel zur Kirche die
Bäume und Büsche blühten. Auch der Birnenbaum an der Ecke war in
voller Blüte. Wie ein Lämmchen so sanft hat der März mit seinem
warmen Südwestwind und Regen Einzug gehalten. Am Uferrand blühten
kleine Schlüsselblumen und Veilchen und man hörte den ersten
Vogelgesang. Die Anlagen der Stadthallenterrassen waren mit
Stiefmütterchen und Osterglocken bepflanzt. Unten am Seeufer fütterte
eine hübsche junge Frau die Schwäne. Ich habe von der hübschen Maid
ein Ölbild gemalt.
Wir
wollen aber schauen, wie es am großen Geserichsee aussieht. Gleich
hinter der Brücke ist auf der rechten Seite ein Bollwerk zum Anlegen
der Frachtschiffe. Hier war es immer schön, weil auf dieser Seite immer
die Sonne schien. Vor allem in der Mittagsstunde, wenn der See schlief
und nur in leisen Atemzügen sich hob und senkte. Glasgrünes
Wellengeschwanke ging leise um die alten bemoosten Holzpfeiler. Man sah,
wie die Stichlinge und Ukeleis sich im Wasser tummelten. Hier saß immer
der kleine "Helmut" mit seiner Dittchenangel und träumte vor
sich hin. Es roch nach Wasser und Teer und nach dem sonnenheißen Holz
der Bohlen.
An Bord des Motorschiff's Ernst machte Kapitän Matzmor sein
Schiff seeklar und rauchte gemütlich sein Pfeifchen. Bald fährt er
wieder auf dem Geserichsee nach Schwalgendorf, Osterode oder Saalfeld.
Außer diesem alten Bollwerk gab es noch einen Platz am Wasser. Wenn man
die schmale, holprige Fischereisstraße lang ging, kam man an einen anderen
Platz.
Es
kam vor, dass Ende März schon die Karwoche begann. Im alten Kalender
stand: Ist Palmensonntag hell und klar, gibt's ein gut und fruchtbar
Jahr. Über die nachfolgenden Feiertage wurde schon oft berichtet. Wir
wollen aber beim Frühling bleiben. Wenn die Rotkehlchen und Amseln noch
keine Nester hatten, fingen sie an zu bauen. Das Rotkehlweibchen baute
den Nistplatz zwischen Steinen, Wurzeln und Reisighaufen. Mit Halmen und
Tierhaaren wurde es gut ausgepolstert. Das Weibchen bebrütete die 5
Eier in 13 - 14 Tagen und fütterte die Jungen mit Insekten, Larven und
Spinnen. Sie wird aber vom Männchen unterstützt. Schon nach 12 Tagen
verlassen die Jungen das Nest, sind aber noch flugunfähig. Der Gesang
dieser hübschen Vögel ist sehr laut. Männchen und Weibchen haben die
gleiche Farbe, nur beim Männchen sind die Farben etwas matter. -
Der Förster
bestätigte meine Beobachtungen und erzählte mir, dass die Singschwäne
nach dem Krieg hier heimisch geworden sind. Infolge der Witterung
überwintern sie in der norddeutschen Tiefebene oder auf den Stauseen.
Die einzelnen Trupps halten wie Familien zusammen und grasen auch
gruppenweise dicht beieinander. Die Männchen beobachten aufmerksam das
Gelände. Diese Vögel sind sehr groß, aber zugleich vornehm und
elegant. Sie haben es nie eilig, sondern laufen bedächtig. Hin und
wieder blickt ein Vogel auf, schüttelt langsam den Kopf, lässt sich
auf den Bauch nieder und beginnt in dieser Haltung weiterzugrasen. Sie
haben schwarze Füße, die schwarz und gelb gezeichnete Schnäbel bilden
den einzigen Kontrast zum schneeweißen Kleid. |