Garnisonsstadt Deutsch-Eylau

von Gerhard Templin

Bearbeitung: C. Mühleisen





Deutsch-Eylau 1918 (Sammlung C. Mühleisen)

Rund 300 Jahre war Deutsch-Eylau eine Garnisonstadt und zwar von 1655 - 1945. Es dürfte deshalb angebracht sein, in einem Aufsatz der Truppenteile zu gedenken, die hier ihren Dienst taten.

Durch ihre Lage auf einer vorspringenden Halbinsel des Geserichsees war die Stadt Deutsch-Eylau immer ein strategischer Punkt. Schon die alten Prußen hatten die Drewenz-Ossa-Linie befestigt. Die gleiche Befestigungsanlage gab es vor dem 2. Weltkrieg in diesem Gebiet. Genaue Kenntnisse über die hier stationierten Truppenteile haben wir aus dem 17. Jahrhundert. Die zahlreichen kriegerischen Verwicklungen der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts haben es unmöglich gemacht, dass Truppenteile für längere Zeit in festen Garnisonen lagen. Dieses galt auch für Deutsch-Eylau. Hier lag bereits 1655 eine Kompanie des Obersten Sigburg.

Die Aufstellung eines Heeres brachte natürlich auch die Frage nach der Unterbringung der Soldaten in eine neue Richtung. Die ursrpüngliche Unterhaltung der Landsknechte war die Barzahlung durch den Staat. Sie mussten sich selber versorgen. Sobald aber der Sold ausblieb, verlegte sich der Soldat aufs Requirieren. Deshalb führte man die Quartiersverpflegung ein. Jeder Einwohner musste den Soldaten unentgeltlich versorgen. Nur die Reichen suchten sich von dieser Last durch Geld zu befreien.

Der große Kurfürst griff aber wieder auf das Barzahlungssystem zurück, das bis zum heutigen Tag so geblieben ist. Dieses ging aber nicht auf einmal, denn dem Soldaten war es in Fleisch und Blut übergegangen, dass er alles fordern konnte, was er wollte. In den Städten konnte man dieses noch kontollieren, aber nicht auf dem Lande. Um diesem Mißstand abzuhelfen, wurde 1684 die Infanterie in die Städte verlegt. Aus praktischen Gründen kam erst 1719 die Kavallerie in die Städte.

Wie gerade die Offiziere ihre Macht missbrauchten, dafür gab es ein Beispiel in Deutsch-Eylau. Der Kapitän un die Offiziere der in der Stadt liegenden Kompanie des Regiments Oberst Sigmund verlangten von den Einwohnern mehr, als ihnen zukam und bedrängten die Einwohner. Der große Kurfürst erließ einen Befehl am 27. Oktober 1655, er werde durchaus nicht dulden, dass ein Offizier etwas über seine ihm zustehende Verpflegung in Eylau fordere. Was sie bisher darüber hinaus gefordert hätten, solle ihnen von ihrem Sold abgezogen werden.

Die Soldaten exerzierten auf dem Marktplatz, der oft verunreinigt und verschlammt war, weil dort die Einwohner ihre Abwässer ausgossen. Der Kommandeur beschwerte sich. Darauf ordnete der Bürgermeister an, dass alle ledigen Frauen zweimal wöchentlich den Markt reinigen mussten. Kasernen gab es damals noch nicht.

Die Stadt musste sehr viel für den Unterhalt der Truppen beitragen. Nicht nur das Haus des kommandierenden Offiziers (Rittmeister), sondern auch für den 2. Offizier musste eine Wohnung gestellt werden. Außerdem hatte die Stadt etliche militärische Gebäude zu unterhalten.

1. Die Hauptwache auf dem Markt, ein zweistöckiges Haus, das unten die Wachstube und ein Militärgefängnis enthielt.

2. Das Hafermagazin auf der alten Stadtmauer neben dem Riesenburger Tor. Es enthielt je 1 Schüttungsraum für Hafer und Brotroggen.

3. Das Heumagazin, das 1775 aus Holz in der Vorstadt vor dem Löbauer Tor lag. Neben verschiedenen Räumen enthielt es auch eine Reitbahn.

4. Das Strohmagazin gegenüber dem vorhergehenden.

5. Einen hölzernen Pulverturm auf dem Stadtwall der Löbauer Vorstadt. Bis zum Jahre 1793 wurde das Pulver der Garnison im Kirchturm aufbewahrt. Erst auf Beschwerde des Kirchenpatrons wegen der Feuergefahr wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein feststehender Turm gebaut.

6. Das Lazarett.

Eine dauernde Besatzung ist erst 1719 nachweisbar und zwar der Regimentschef und 2 Kompanien des Regiments zu Pferde Graf Schlippenbach. Weitere Kompanien dieses Regements lagen in Riesenburg, Marienwerder, Freystadt, Rosenberg, Liebemühl und Garnsee.

Nach dem ersten schlesischen Kriege kehrte die Truppe nicht mehr nach Dt.-Eylau zurück, sondern wurde von einer Schwadron des Dragonerregiments v. Platen abgelöst. Dieses Regiment wurde in mehrere Regimenter zerlegt, von denen eines zuerst den alten Namen behielt, dann aber öfter wechselte und zwar Regiment v. Borstell, v. Bruckner, Graf v. Hertzberg und v. Holstein-Gottrop. Es verschwand in dem Kriegsjahr 1806.

Danach kam die 4. Schwadron des 2. westpr. Dragonerregiments, das vorher in Ostpreußen war. Es wurde 1819 in ein Kürassierregiment umgewandelt. Die Schwadron blieb bis 1851 in Dt.-Eylau. In diesem Jahr trat an seine Stelle das früher in Bonn gelegene Ulanenregiment, das bis 1860 blieb und dann nach Elbing kam.

Bis zur Heeresorganisation 1866 verlor die Stadt ihre Garnison. Erst dann kam eine Schwadron des neugebildeten 10. Dragonerregiments, die aber schon 1868 von der 3. Schwadron des 8. Ulanenregiments abgelöst wurde. Diese blieb nur bis 1887 in Dt.-Eylau.

Infolge der veränderten politischen Lage im Osten wurd es nötig, größere Reitermassen hierher zu verlegen. Das Ulanenregiment ging darum nach Ostpreußen, und ihm folgte 1889 das an seine Stelle getretene Pommersche Dragonerregiment Nr. 11, während nach Eylau nach 38jähriger Abwesenheit eine Schwadron des Westpr. Kürassierregiments Nr. 5 zurückkehrte.

Eine Verstärkung erhielt die bis dahin nur aus Kavallerie bestehende Garnison 1884, indem zum ersten Mal auch Infanterie dahin kam, das Füsilierbataillon des Grenadier Regiments König Friedrich I. (4. Ostpreußisches) Nr. 5, das aber 1886 schon wieder nach Danzig zurückkehrte. Ihm folgte das 2. Bataillon des Infanterieregiments Graf Dönhoff Nr. 44 und bald danach der Stab und das 1. Bataillon des gleichen Regiments. Es tauschte am 1. April 1902 seinen Standort mit dem 4. Posenschen Infanterieregiment Freiherr Hiller v. Gaertringen Nr. 59, dessen letzter Kommandeur Oberst Sonntag war, der am 28. August 1914 bei Waplitz in der Schlacht von Tannenberg fiel. Zu seinen Ehren benannte der Magistrat die kleine Hindenburgstraße in Oberst-Sonntag-Straße um. Nach Dt.-Eylau kamen zum obigen Termin der Stab, das 1. und 3. Bataillon. Bereits 1899 war der Stab und das 1. Bataillon des Deutsch Ordens Regiment 152 zur Garnison Dt.-Eylau getreten.

Eine weitere Verstärkung der Garnison erfolgte im Jahre 1890 durch Verlegung des neugeschaffenen Feldartillerie-Regiments 35, das 1899 geteilt wurde, wobei Dt.-Eylau die 1. Abt. und den Stab behielt. Seit 1877 befand sich das frühere Kommando des 1. Bataillons 7. Ostpr. Landwehr Regiment Nr. 44 genannte Bezirkskommando in Dt.-Eylau.

Die stetig wachsende Garnison machte auch neue Bauten erforderlich. So baute man 1898/99 die Artillerie-Barackenkaserne am Lamielniker Weg für das Inf. Reg. 152, 1899 die Wirtschaftsgebäude, Stallungen und Kasernen für die Artillerie, 1901 ein Offizierskasino und die Garnison-Dampfwaschanstalt, die auch für die benachbarten Garnisonen eingerichtet war. Die Geschäftswelt erhielt durch die starke Belebung einen großen Auftrieb und die Bauhandwerker waren voll ausgelastet. Eine zusätzliche rege Bautätigkeit setzte 1906 nach Verabschiedung der Wehrvorlage ein. So wurde eine Artillerie-Kaserne an der Blücherstraße errichtet. Es erfolgte später der Bau der zweiten Artillerie-Kaserne, ebenfalls an der Blücherstraße, die von der 1. Abteilung desselben Regiments belegt wurde.

Auch an der späteren Hindenburgstraße wurde die vorhandene Kaserne für eine reitende Abteilung des Artillerie-Regiments Nr. 35 erweitert. Ein Munitionsdepot wurde errichtet und kurz vor dem 1. Weltkrieg begann man mit dem Bau der sogenannten "Weißen Kaserne" oder "Yorck-Kaserne". Das Soltauer Bataillon des Reg. 59 hat darin nicht mehr Einzug gehalten.



Dt. Eylau - Kaserne der reitenden Abteilung im Feldartillerie-Regiment Nr. 35 (8.01.1914)

Sammlung C. Mühleisen 

Von 1891 bis 1912 hatte die Garnison den Stab der 72. Inf.-Brigade und ab 1912 den Sitz des Stabes der 41. Inf.-Division. Kommandeur war Generalleutnant von Stein, der im Hause Parkstraße 1 wohnte. Bei Beginn des 1. Weltkrieges wurde er Kriegsminister und Generalquartiermeister. Das Militär gab der Stadt das Gepräge. So lagen vor dem 1. Weltkrieg über 3.000 Soldaten in der Stadt bei nur 10.000 Einwohnern.



1914 - Marsch in den Krieg (G. Templin)




Die Artillerie schoss damals schon von Flandern nach England (G. Templin )




Stahlhelme mit Filzeinlage, damit es nicht so laut ist (G. Templin)

Nach dem verlorenen Krieg trat in der Stadt ein gewaltiger Rückschlag ein. Da Dt.-Eylau zu den ältesten Garnisonsstädten gehörte, war es selbstverständlich, dass die Stadt bei der Bildung der Reichswehr  wieder Standort wurde. Von dem gestatteten 1000.000-Mann-Heer legte man den Stab, die 13. Kompanie und das II. Bataillon des 3. Preußischen Inf. Reg. nach Deutsch-Eylau. Es waren ca. 8000 Soldaten, die die Blücher-, Yorck- und Hindenburg-Kaserne bezogen. Das 1. Bat. lag in Marienburg, das III. in Osterode, das Ausbildungs-Batl. in Marienwerder.



1918 - Des Vaterland's Dank (G. Templin)


Das Verhältnis der Truppe zur Zivielbevölkerung war stets das beste, und deshalb fühlten sich die Soldaten, die zum Teil verheiratet waren, recht wohl. In Ostpreußen waren das 1., 2. und 3. Inf.-Regiment stationiert. Bereits 1934 begannen unter Tarnbezeichnungen Neuaufstellungen. Aus dem 3. Inf.-Reg. entstand eine ganze Division. In der Folgezeit wurden die 3 Bataillone geteilt und zwar zunächst in 2 Regimenter, 3 und 45, und später erfolgte die Aufstellung des Inf.-Reg. 24. Es wurde aus dem von Elbing nach Braunsberg verlagerten Landespolizeibataillon gebildet.

Als im Jahre 1935 die "Allgemeine Wehrpflicht" eingeführt wurde, bekamen die Regimenter noch eine 14. Kompanie (Pak), die später in Panzerjägerkompanie umbenannt wurde. Am 15.10.1936 ist zwar gewissermaßen der offizielle Geburtstag verschiedener Truppenteile der 21. Inf. Div., obwohl diese bereits schon länger unter Tarnbezeichnungen bestanden haben.

Bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges lagen in Dt.-Eylau der Stab des Inf. Reg. 3, das II. Bataillon, die 13. Kp. (MG), die 14. Kp. (Pak), der Regiments-Reiterzug und das Ersatz-Bataillon. Das 1. Batl. lag in Mohrungen und das III. Bataillon in Osterode. 

Das Inf.-Reg. 3 übernahm die Traditionspflege des Kgl. Preuß. I. Reg. Freiherr Hiller von Gaertringen (4. Pos.) Nr. 59, das bis 1914 seinen Friedensstandort in Deutsch-Eylau hatte.

Schließlich erfolgte am 20.4.1937 die Übergabe der neuen eingeführten Fahnen an die Bataillone, die weisungsgemäß bei Kriegsausbruch in den Standorten verblieben. Die 21. Inf. Division setzte sich aus Ostpreußen, Westpreußen, Rheinländern, Westfalen und Freiwilligen aus Danzig zusammen, was einen besonders leistungsfähigen Kampfverband ergab. Kommandeure des 3. Inf. Reg. in Deutsch-Eylau waren die Obersten v. Niebelschütz, Gabke, v. Kortzfleisch und v. Reibnitz.

Viele Erinnerungen werden wach. Schon morgens und abends, wenn das Wecken oder der Zapfenstreich geblasen wurde, schallten die Signale weit über die Stadt und vor allen Dingen über den Kleinen Geserichsee. Man sah dann die Soldaten im Laufschritt in die vier Kasernen eilen. Öfter sah man auch die Soldaten der berittenen Einheiten auf Strümpfen, damit die Sporen nicht klirrten. Den Säbel und die Stiefel trugen sie unter ihrem Arm. Sie wussten, wo undichte Umzäunungen der Kaserne waren. - Wenn morgens die Soldaten mit einem Lied zum großen Exerzierplatz oder gar ins Manöver marschierten, dann winkten die Einwohner aus den Fenstern oder vom Straßenrand aus. Kamen die Einheiten von Wehrübungen zurück, dann wurden sie vom Musikkorps und dem Spielmannszug mit schmissigen Märschen zur Kaserne geleitet. Die Müdigkeit war dann wie weggeblasen. Wir kannten sie alle,die zackigen Offiziere der Vorkriegszeit. Einige zur Erinnerung: Btl.-Kommandeur Oberstleutnant Becker (von den Soldaten "Feuerstoß" genannt), Major Werner, Oberstlt. Wisotzki, die damaligen Hauptleute Vellay, Riedelsdorf, Holsowski, Fischer, Hammerschmidt, Fabian, Kandt, Grosser usw., um nur einige zu nennen.



Flussübersetzung der Pioniere (G. Templin)


Im Sommer marschierten die Soldaten zum Schwimmen in die Militärbadeanstalt. Der Heereswassersportverein hatte dort etliche Paddel- und Segelboote. Im Winter lagen dort die Eissegelschlitten. Bekannt waren die Europameister Oblt. Tribukait und Oberfeldw. Poppeck.



Schwimmlehrgang für Soldaten (G. Templin)


Auch für die Unterhaltung wurde gesorgt. Wintervergnügen, Weihnachskonzerte und Wehrmachtsbetreuungen gehörten schon zur Tradition. Das Musikkorps stellte auch Tanzkapellen für die umliegenden Orte, für Waldschlößchen und Strandbad bei Bedarf. Die Offiziere trafen sich in den Offizierskasinos, im Hotel zum Kronprinzen oder bei Meding am Markt, wo schon in der Kaiserzeit die Offiziere tagten. Oft sah man morgens die Kommandeure oder Hauptleute mit ihren Frauen beim Ausritt. Diese saßen oft im Damensattel.



Manöverball in Cölmsee (G. Templin)


Ein ausgezeichneter Kommandeur war Oberst v. Kortzfleisch. Unter seiner Führung mussten die Soldaten sehr viel zum Gottesdienst. Aber auch Feldgottesdienste auf dem Sportplatz wurden abgehalten. Hierbei sprachen die Garnisonsgeistlichen Superintendent Jablonski für die Protestanten und Pfarrer Meyer für die Katholiken. Bei festlichen Anlässen, wie Neujahr oder 1. Mai, führte man das "Große Wecken" durch. Der Spielmannszug unter Tambourmajor Grieger, das Musikkorps unter Obermusikmeister Förster und ein Ehrenzug mit einem Offizier zu Pferde marschierten schon um sechs Uhr durch die Stadt. Bei abendlichen Feierlichkeiten wurde der "Große Zapfenstreich" gespielt. Zum Beispiel wurde mit dieser Feierlichkeit Oberst v. Kortzfleisch, der Generalmajor geworden war, von seinen Truppen verabschiedet. Vor dem Offizierskasino in der Hindenburgstraße waren die vereinigten Musikkorps und eine Ehrenkompanie angetreten. Bei Fackelschein wurde dann der "Große Zapfenstreich" gespielt.

Wer erinnert sich nicht an die  großen Reitturniere auf dem Großen Exerzierplatz oder die Fuchsjagden auf den Gütern im Herbst. Auch die Hunde-Meute, die ein Feldwebel betreute, war in Dt.-Eylau stationiert. Viele Preise gingen bei diesen Veranstaltungen an die Dt.-Eylauer Offiziere und Soldaten. Aber nicht nur die Offiziere oder Ausbilder waren bei der Bevölkerung bekannt, sondern auch die "Burschen" der Offiziere. Z. B. machte vormittags der Bursche von Hauptmann Riedelsdorf mit dem Hund "Pascha" seine Runde. Während der Bursche sich das Können der jungen Damen beim Sportunterricht am Lyzeum ansah, trieb Hund "Pascha" mit den Hühnern an der Uferpromenade sein Unwesen, zum Leidwesen seines Herrn, der dafür bezahlen musste.

Etwas Besonderes war es für das Regiment, als ihr Oberbefehlshaber, der Reichspräsident Generalfeldmarschall v. Hindenburg seinen Wohnsitz in Neudeck nahm und die Soldaten oft Gelegenheit hatten, ihn bei ihren Feldübungen bei Freystadt zu sehen. Aus dieser Zeit sollen noch einige Erinnerungen geschildert werden.

Am 6. Juli 1934 besuchte das siamesische Königshaus den Reichspräsidenten in Neudeck. Das II. Bataillon hatte die ehrenvolle Aufgabe, die Ehrenkompanie zu stellen. Der Bataillonskommandeur Oberstlt. v. Basse stellte eine Formation aus sämtlichen Kompanien zusammen, die mit dem Spielmannszug und Musikkorps II./3 auf Lastwagen von Deutsch-Eylau nach Neudeck befördert wurden. Die Ehrenkompanie hatte auf der Auffahrt des Schlosses Neudeck Aufstellung genommen, als um 12 Uhr das siamesische Herrscherpaar, von Freystadt kommend, eintraf. Während die Ehrenkompanie mit zackigem Griff präsentierte und die Bataillonskapelle den früheren Präsentiermarsch des 3. Garderegiments zu Fuß und die siamesische Königshymne intonierte, begab sich der hohe Besuch ins Schloss zum Empfang durch den Reichspräsidenten und anschließendem Essen. Als Vertreter des Wehrkreiskommandeurs nahm der Kommandant der Festung Marienburg, General Wodrig teil. Außerdem Regierungspräsident Budding, Marienwerder, Landrat Kleine, Rosenberg, und der Führer der Ehrenkompanie, Hauptmann Kandt, 5./IR 3. 

Nachdem um 14 Uhr das Königspaar verabschiedet worden war, erfuhr die Ehrenkompanie noch eine besondere Ehre dadurch, dass Reichspräsident v. Hindenburg einen Vorbeimarsch befahl. In straffem Rhythmus erklang der Parademarsch des 3. Garde-Regiments zu Fuß, des alten Regements unseres Reichspräsidenten. Freundlich und sichtlich erfreut winkte der Reichspräsident der Truppe zu und ließ deren Führer Dank und Anerkennung für die vorbildliche Haltung der Soldaten aussprechen. Stets wird der 5. Juli 1934 in der Geschichte des II. Bataillons IR 3 ein Ehrentag besonderer Art bleiben. 

Fast genau vier Wochen später fuhr wieder die 5. Kompanie des Deutsch-Eylauer Bataillons nach Neudeck. Diesmal, um den Ehrendienst für den heimgegangenen Reichspräsidenten zu übernehmen. Für jeden war es unvergesslich, wie die Kompanie nach ihrer Ankunft am Sarge vorbeidefilierte, um noch einen Blick auf ihren Oberbefehlshaber zu werfen. Offiziere des Regiments hielten die Ehrenwache, darunter auch Hauptmann Kandt. Dann kam der Augenblick, wo der Reichspräsident zu seiner, wie wir glaubten, letzten Ruhestätte überführt wurde.

Vor dem Gutshaus hatte das II. Bataillon unter Führung des Oberstleutnants v. Basse Aufstellung genommen, unmittelbar davor die 5. Kp. als Fahnenkompanie mit den Fahnen, die eine Beziehung zu der langen Dienstzeit des Feldmarschalls hatten. Die vereinigten Musikkorps des IR 3 nahmen Aufstellung und auf der Koppel das Trompeterkorps des Reiterregiments 2. Es war ein Moment von einzigartiger Feierlichkeit, als beim Schein von vielen hundert Fackeln der Sarg um Mitternacht auf die Freitreppe getragen wurde. Er war flankiert von Offizieren ostpreußischer Truppenteile. Der Große Zapfenstreich wurde gespielt, von fern erklang die Retraite der Kavallerie, und dann setzte sich die Trauerparade in Bewegung.

Auf der Gutsgrenze schwenkte das Deutsch-Eylauer Bataillon aus, und nun überführte eine motorisierte Truppe den Reichspräsidenten zum großen Staatsakt nach Tannenberg. Die begleitenden Flakscheinwerfer hatten ihren gebündelten Strahl so geordnet, dass dieser am Himmel genau über der Lafette mit dem Sarg stand. Wie in Deutsch-Eylau, so säumten bis Tannenberg Fackelträger am Straßenrand den Weg des Reichspräsidenten.

Wie bereits geschildert, brach nun auch für die Garnison Dt.-Eylau eine neue Zeit an. Bei Kriegsausbruch 1939 rückte die ganze Garnison aus und kam nach dem Polenfeldzug nur für kurze Zeit zurück. Kurz vor Ende des Polenfeldzuges erlebte ein Teil der Stadt noch einmal die Überführung eines Heerführers. Der ehemalige Oberbefehlshaber des Heeres (1935/38), Generaloberst v. Fritsch, fiel an der Spitze einer Division. 

Die Stadt lag in tiefem Schlaf. Es war Verdunkelung und der Himmel bedeckt. Vom Bahnhof kommend, hörte man den gleichmäßigen Schritt (Trauermarsch) von Soldatenstiefeln. Es hörte sich an, als wenn eine geschlagene Armee marschierte. Dazwischen das Getrampel von Pferdehufen. Man sah vom Fenster nur die Silhouette einer Infanteriekompanie mit Gewehr, die ihren toten Heerführer begleitete. Im Offizierskasino der Hindenburgstraße wurde er aufgebahrt und am nächsten Tag zum Staatsakt nach Berlin überführt. Nach dem Frankreichfeldzug lagen die Dt.-Eylauer Einheiten im Kreis Rosenberg verteilt, weil die Kasernen von einer Panzereinheit und später von Marineartillerie, Marine und Sturmgeschützeinheiten belegt war.



Soldat im 2. Weltkrieg (G. Templin)




Soldat und Pferd nach dem Einsatz (G. Templin)




Frontbühne (G. Templin)


Das IR 3 kämpfte im Nordabschnitt von Russland. Nach dem Rückzug über Mittelostpreußen, das Samland und die Frische Nehrung war die Division schon sehr schwer angeschlagen. Vor Kahlberg wurden die Reste dieser stolzen Division herausgelöst, um mittels Fähren nach Hela transportiert zu werden. Dort nahmen die Handelsschiffe "Westpreußen" (2877 BRT) und "Hendrik Fisser VII" (1942 BRT) die Reste der 21. Division auf. Der Transport nach Westen verlief, dank günstiger Witterung, störungsfrei. In Kiel wurde ausgeschifft und in Ellingstedt bei Schleswig erlebte die Division die Kapitulation der Wehrmacht. Der Div.-Kommandeur dankte in einer Ansprache allen überlebenden Soldaten für ihren aufopfernden Einsatz und löste die Division auf. Einige Soldaten setzten sich unter Schwierigkeiten in den Westen ab. Die anderen wurden gesammelt und nach Flensburg in Marsch gesetzt. Im Juli 1945 suchte die britische Besatzungsbehörde deutsche Soldaten für militärpolizeiliche Aufgaben. Etliche Soldaten, die keine Möglichkeit mehr hatten, ihre Angehörigen zu finden, meldeten sich. Im Mai 1946 war diese Aufgabe beendet. Daher gehörten die Männer der 21. Division zu den letzten deutschen Soldaten, die erst ein Jahr nach der Kapitulation ihre Waffen abgeben mussten.

Deutsch-Eylau ist nicht wieder Garnisonsstadt geworden. In der Blücherkaserne ist ein Gefängnis eingerichtet, die Yorckkaserne ist jetzt Krankenhaus, die Hindenburg- und Alte Infanteriekaserne wurden zu Wohnungen und Werkstätten umgebaut. Jedem Soldaten aber, der einmal in Deutsch-Eylau gestanden hat, wird die Stadt mit ihren Menschen und ihrer herrlichen Umgebung stets eine schöne Erinnerung sein. 

Gerhard Templin

Quellennachweis:

Kaufmann: Geschichte der Stadt Deutsch-Eylau;
Allmeyer Beck, C. Freiherr von: Geschichte der 21. ID.;
Oberst Kandt: Erinnerungen an die Garnisonstadt Dt.-Eylau.

Verfasser:
Gerhard Templin, * 2.2.1925 in Dt.-Eylau, Wehrmacht, Gefangenschaft, verheiratet, 2 Söhne, Stipendium Meisterschule Magdeburg und Hannover, 1955 Meisterprüfung als Maler- und Lackieremeister. Mitarbeiter des Heimatkreises Rosenberg seit 40 Jahren. Heimatkreis-Bücher: Chronik Dt.-Eylau 1305/1945, Sagen und Erzählungen des Kreises Rosenberg. Bundesverdienstkreuz am Bande 1992.


Das Nutzungsrecht der Urheberrechte an den Bildern und Aufzeichnungen von Herrn Gerhard Templin wurde an Frau Christa Mühleisen übertragen.