Jahrmärkte im Kreis Rosenberg
von Gerhard
Templin
Bearbeitung C. Mühleisen
Seit
Gründung der Städte im Kreis Rosenberg gab es nicht nur Wochenmärkte,
sondern auch Jahrmärkte. Diese wurden im Jahre 1499 auf Bitten der
Bürgermeister an den damaligen Hochmeister Herzog Friedrich von Sachsen
eingeführt. Fleischer, Böttcher, Schuster, Schneider, Tischler,
Brettschneider und Zimmerleute werden in dieser Zeit erwähnt, aber auch
ein Apotheker als Einzelladen. 1596 kommt ein Viehmarkt am St.
Margaretentag hinzu.
Im Jahre 1652 hat man bereits 5 Jahrmärkte
in der Stadt Deutsch Eylau. Die Bevölkerung hatte die Märkte auf die
Sonntage gelegt, was der hohen Geistlichkeit aber nicht passte und so
musste der Termin auf die Montage verlegt werden. Die Wochenmärkte
fanden immer am Sonnabend statt. Genauere Kenntnis haben wir von Deutsch
Eylau.
Am Interessantesten wird es zwischen 1750 und 1800, wo in
der Stadt bereits 135 Handwerker tätig sind. Im 18. Jahrhundert kamen
zu den 5 Jahrmärkten 2 Flachsmärkte, 1 Leinwandmarkt, Vieh-, Pferde-
und ein Remontenmarkt hinzu. Ab 1900 fanden die Jahrmärkte immer im
Herbst statt. So waren diese in Deutsch Eylau und Riesenburg um Martini,
in Rosenberg am 28. Oktober, in Freystadt am 5. November und in Bischofswerder um den
25. November. Wie verliefen diese Jahrmärkte (Krammärkte) in der alten
Zeit?
Um die Erzeugnisse des Landes in Geld umzusetzen, fand einige Tage
vor dem Krammarkt, wie er damals hieß, ein Flachs- und Leinwandmarkt
statt, der von den Kaufleuten besucht werden durfte. Große Wagen mit
Leinwand und Garn fuhren dann durch die Tore zur Stadtwaage, wurden vom
Wiegemeister gewogen und in die Speicher eingelagert. Die Speicher von
Deutsch Eylau lagen sehr günstig am See und die Waren konnten
preisgünstig nach Elbing bzw. Königsberg auf dem Wasserwege
transportiert werden. Die gefüllten Taschen der Bauern mit dem Erlös
der verkauften Waren gingen wieder am Krammarkt in die Stadt zurück.
Schon Wochen vorher gab es bei den Handwerkmeistern nur ein Thema
"Der Krammarkt".
Bereits im Sommer, wenn es die flauen
Zeiten gab, haben die Meister und ihre Leute fleißig gearbeitet. Die
Werkstätten hingen voller Erzeugnisse wie Beile, Messer, Bohrer,
Fässer, Sielen, Sattelzeug, Wäsche, Bekleidung, Möbel oder
Holzpantinen (man nannte sie auch bei uns Holzschlorren). Auch die
knusprigen Honigkuchen, Schinken, geräucherte Würste lagerten bereits.
Nur die Kuchenbäcker mit ihren Zuckerkringeln und Butterfladen warteten
bis kurz vor dem "Tage".
Auch der Rat der Stadt
bereitete sich vor. So mussten die Misthaufen, die auf dem Markt lagen,
beseitigt werden. Es wurde gefegt und geschrubbt. Dann kamen sie, die
großen Planwagen, beladen, um das große Geld zu machen. Es gab aber
damals schon Verordnungen. So durften vorher keine Preisabsprachen oder
Vorverkäufe stattfinden. Der Steuereinnehmer saß gleich am Stadttor
und kassierte die Gebühren. Sogenannte Schaumeister kontrollierten die
Waren. Es wurde gewogen, gemessen und die Kannengießer mussten ihr
Eichzeichen auf ihren Waren nachweisen. Auch die Lebensmittel hatten
ihre festen Preise. Ein Wettgericht wurde eingerichtet, das sofort alle
Übeltäter aburteilte. Die leichteren kamen mit einer Prügelstrafe
davon, während die schweren Fälle mit Gefängnis bestraft wurden.
Nachdem
die Stände alle eingeräumt waren, läutete pünktlich um 10 Uhr die
Rathausuhr, die Kirchenglocken läuteten und das Volk durfte erst jetzt
kaufen. Es begann ein Schieben und Drängen. Die Leute vom Lande
staunten über die Neuigkeiten und kauften. Die Gewerke hatten ihre
Stände nach den Zünften geordnet . Die west- und ostpreußischen
Städte hatten schon immer große Märkte, die aber nicht ausreichten.
So wurden meistens die zerbrechlichen Sachen in den Nebenstraßen
ausgestellt. Es gab durch den Alkohol Schlägereien, bei denen öfter
diese Artikel zu Bruch gingen. Auch Wetten wurden abgeschlossen, wobei
es meistens um Tiere ging. So manch einer hat dabei seine Kuh, Schaf
oder Schwein verloren.
Jahrmarkt in Deutsch-Eylau um 1800 (gezeichnet von Gerhard Templin)
Der größte Nutznießer hierbei war die
Stadt, denn bei diesen Märkten floss immer viel Geld in die
Stadtsäckel. Viele Straßen wurden nach den Gewerken benannt z. B.
Schmiedestraße, Knochenhauerstr., Schusterstr., Malerwinkel, usw. Eine
große Bedeutung hatten die Gewerke, die sonst in den Städten nicht
vertreten waren, so die Kannengießer, Goldschmiede mit Schmuck,
Uhrmacher, Sattler und Nadler sowie die Kürschner (russ. oder poln.
Herkunft), die Marder-, Fuchs- und Zobelfelle anboten oder Mäntel,
Mützen und Jacken. Mancher Bauer oder Knecht fuhr mit einem neuen
Fuchspelz nach Hause. Auch Schuhe und Stiefel wurden reichlich
angeboten. Die Frauen kauften ganze Aussteuern für ihre Töchter.
Jahrmarkt in Bischofswerder 1904 (Sammlung Christa Mühleisen)
Es
ist ein reger Verkehr in der Stadt. Aber auch Stellenwechsel finden am
Martinstag statt. So sieht man viele Landarbeiter von Kneipe zu Kneipe
ziehen. Oft wird der letzte Groschen in Alkohol umgesetzt. Aber so
mancher hat auf diesen Märkten seine Frau kennengelernt. Die Musik der
Spielleute geht bei dem großen Lärm unter. Jeder Handwerksmeister
kommt auf seine Kosten. Selbst bei den Barbieren sind die Läden voll.
Allmählich
wird es Abend. Die Stände sind leer geräumt. Der Rest wird in
Planwagen verstaut für den nächsten Markt und Ort. Jedoch die
Gasthäuser werden jetzt voll. Überall, wo ein Tannenzweig über der
Tür hängt, gibt es einheimisches Bier und es fließt neben dem
Bärenfang in Strömen. Käufer und Verkäufer verlassen die Stadt und
der Markt liegt verödet da. Nur der Nachtwächter ist an diesem Tag
besonders hellwach und macht seine Runden.
Der
Nachtwächter von Dt. Eylau (von Gerhard Templin)
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Gerhard Templin & Christa Mühleisen |