Der erste Kormoran auf dem Geserichsee

von Gerhard Templin


Bearbeitung: C. Mühleisen

Es war im Februar 1958. Wir hatten in Hannover ein Heimattreffen mit einem Vortrag unseres unvergesslichen Heimatfreundes Georg Hoffmann (gen. Vogel Hoffmann). Nach dem Vortrag saßen wir zusammen und plauderten aus der alten Heimat, dabei überreichte er mir sein damals erschienenes Buch: "Der See der Adler" mit seiner Widmung. Diesen Bericht will ich zur Erinnerung an die alte Heimat und an Georg Hoffmann schreiben, den ich sehr verehrte und bei meinen Besuchen immer auf seinen Spuren wandelte.

Es war an einem Julitag. Früh um 3 Uhr ging Hoffmann mit schwerem Rucksack aus der elterlichen Wohnung in Deutsch Eylau zur Anlegestelle des Motorschiffes Ernst in der Riesenburgerstraße. An der nächsten Straßenecke wurde er von einer Polizeistreife angehalten, weil in der Nacht etliche Einbrüche in der Stadt waren. Er konnte sich ausweisen und so kam er in letzter Minute am Anlegesteg an. Der Tag fing gut an. (Bei diesem Vortrag war der Polizeimeister John anwesend, der ihn damals verhaften wollte. "Hier sitzt er," sagte Hoffmann. Es gab ein frohes Wiedersehen.)



Das Motorschiff "Ernst" (G. Templin)


Der Kapitän löste nun die Taue. Das Schiff entfernte sich rasch vom Ufer. Hoffmann war der einzige Passagier an Bord. Dieses Schiff fuhr jeden Mittwoch- und Sonnabendfrüh nach Schwalgendorf, um von dort die Landleute zum Wochenmarkt nach Deutsch Eylau zu holen und brachte sie kurz nach zwei Uhr wieder nach Schwalgendorf und nahm dann von dort Ausflügler wieder mit nach Deutsch Eylau.



Der Tromnitzsee (G. Templin)


Das Wasser des Sees sah in der Morgendämmerung tiefschwarz aus und war völlig glatt. Bald fing es an zu regnen. Der Regen wurde immer stärker. Nach 1 1/2 Stunden waren sie in Schwalgendorf. Der Kapitän fragte, ob Hoffmann nicht umkehren will? Aber nach kurzer Überlegung blieb er. Er erinnerte sich an einen kleinen Spruch seines Vaters "Frühregen und Altweibersommer bleiben nicht lange." Er marschierte nun durch den Kiefernwald und kam völlig durchnässt wieder an den See. Durch das Rauschen des Regens hörte man heisere Schreie. Es waren Fischreiher, die noch Junge hatten. Am Ufer waren etliche kahle Stellen, hier setzte sich unser Vogelfreund hin und beobachete den See. Plötzlich sah er einen Schwimmvogel in der Größe einer Gans. Er lag mit dem Körper tief im Wasser und war unter einem umgestürzten Baum.

Seinen breiten Schwanz schleifte er wie eine Schleppe hinterher. Schwupp, weg war er. Das war ein Kormoran. Er sprang sofort auf und wollte den Vogel noch einmal sehen. Als der Vogel im Gestrüpp hängen blieb, sprang Hoffmann mit voller Kleidung ins Wasser und packte ihn. E nahm den Kormoran unter den Arm, wie Hans im Glück seine Gans getragen hat. Dabei war er etwas unvorsichtig und so langte der Vogel mit seinem scharfen Schnabel ins Gesicht. Er hat nur auf sein rechtes Auge gezielt und hat dabei die Nase von der Wurzel bis zum Gipfel aufgerissen. Beinahe wäre es um das Auge geschehen gewesen. Er nahm den Kormoran auf den Schoß, um ihn genauer anzusehen, dabei schlug der Kormoran auf seinen Handrücken, dass dieser blutete. Einiges fiel im besonders auf. Bei den Menschen gibt es blaue, graue und braune Augen, bei den Vögeln sind die Pupillen gelb und orangerot eingefärbt. Aber dieser Kormoran blickte ihn mit knallgrünen Augen an. Der Blick schien darum irgendwie heimtückisch.



Erster Kormoran (G. Templin)


Auch die Federn waren durchaus nicht schwarz, sondern schillerten in mehreren Farben. Auf dem Rücken waren die Federn bräunlich und alle waren schwarz gesäumt. Sie wirkten deshalb wie Schuppen. Was hatte der Vogel für mächtige Ruderfüße. Zwischen den Zehen waren große Schwimmhäute gewesen, wie ich sie bei kleineren Schwimmvögeln bisher nicht gesehen habe. Immer wieder betrachtete Hoffmann diese großen Schwimmwerkzeuge. Nachdem er diesen Vogel von allen Seiten fotografiert hat, war er ganz zahm und zu jeder Aufnahme musste er ihn wecken. Er steckte immer wieder den Kopf in das Rückengefieder, um zu schlafen. Am Ende zog Hoffmann ihm einen Ring über die Ständer und ließ ihn frei.



Hechelnde Kormorane (G. Templin)


In dem betreffenden Jahr sollen wohl 2 Kormorane in der Reiherkolonie gebrütet haben. Bis jetzt haben sie sich stark vermehrt und brüten mit den Reihern in einer Kolonie. Auf allen Seen des Heimatkreises sind sie jetzt anzutreffen. Für die Fischer sind sie eine Plage. Leider kann man sie nicht bekämpfen, weil sie unter Naturschutz stehen.


Das Nutzungsrecht der Urheberrechte an den Bildern und Aufzeichnungen von Herrn Gerhard Templin wurde an Frau Christa Mühleisen übertragen.