Was die Kuckucke treiben

und andere Vogelgeschichten


von Gerhard Templin

Bearbeitung: Christa Mühleisen

Über sehr viele Vögel in Wald und Seen wurde von mir berichtet, aber einige habe ich doch vergessen und das ist in erster Linie der "Kuckuck". Mindestens den Namen und dem Ruf nach gibt es keinen bekannteren Vogel als unseren Kuckuck, dessen Verbreitungsgebiet sich über das ganze Europa erstreckt. In jedem Jahr findet ein Wettstreit um den Nachweis des ersten Kuckucks statt, aber meist gibt es kaum aufsehenerregende Ergebnisse, denn die Mehrzahl der Kuckucke erreicht unser Land nicht vor dem 1. April. Die Männchen beginnen sofort zu rufen, um so ihre Anwesenheit kundzutun und ein Weibchen anzulocken. Wer bei uns den ersten Kuckucksschrei hörte, musste mit dem Portemonnaie schütteln, damit man das ganze Jahr Geld hatte. Auch auf dem Lande wurde beim ersten Kuckucksschrei der geräucherte Schinken angeschnitten. Warum dieses so ist, ist mir nicht bekannt.

Im Mai und im Juni singen die Kuckucke täglich schon vor Tagesanbruch. Später beginnen sie mit dem Balzgehabe und jagen damit den Wiesenpiepern Angst ein, die diesen aufdringlichen Schmarotzern unabsichtlich und gegen ihren Willen als Wirtsleute dienen. Der Gesang ist solange zu hören, bis das Weibchen seine Legeperiode beendet hat, die sich ziemlich lange, nämlich über sechs bis sieben Wochen, hinzieht. Erst wenn die Kuckucke etwa drei Wochen im Gebiet sind, werden die ersten Eier abgelegt. Bei einem Brutschmarotzer wie dem Kuckuck ist die Eiablage zwangsläufig an die jeweiligen Legezeiten der Wirtsleute gekoppelt. Kuckucke legen ihre Eier nur in solche Nester, in denen das Wirtsvogelgelege noch unvollständig ist, und in denen die Eier demzufolge noch nicht bebrütet werden. Bei den meisten Vogelarten erfolgt die Eiablage in den frühen Morgenstunden, doch der Kuckuck, der sich ja von anderen Vögeln in vieler Hinsicht unterscheidet, wählt dazu meist den späten Nachmittag. Das hat für ihn den Vorteil, dass tagsüber ausreichend Zeit zum Auskundschaften geeigneter Nester zur Verfügung steht. Am Tage gelingt es dem Kuckuck auch sehr viel öfter, die Zeit abzupassen, wenn sich die Wirtsleute gerade nicht im Nest aufhalten.



Ein alter Kuckuck (G. Templin)

Dabei kann das Kuckucksweibchen auch sehr kurze Abwesenheitsphasen der Wirtsvögel ausnutzen, denn es ist in der Lage, seine Eier sehr viel schneller als andere Vogelarten abzulegen. Die durchschnittliche Legedauer vom Kuckuck wurde mit neun Sekunden ermittelt. Anders als die Kleinvögel legt das Kuckucksweibchen seine Eier jeweils im Abstand von zwei Tagen. Bemerkenswert ist, dass die Kuckuckseier zum Zeitpunkt ihrer Ablage schon angebrütet sind. Deshalb schlüpfen die jungen Kuckucke früher als die Jungen der Wirtsvögel. Ist der junge Kuckuck erst einmal ausgeschlüpft, so besteht seine erste Aufgabe darin, die übrigen Eier oder die schlüpfenden Jungvögel aus dem Nest zu entfernen. Er tut es innerhalb der ersten beiden Tage - oft nur wenige Stunden, nachdem er selbst geschlüpft  und trocken geworden ist - indem er die Eier in einer besonderen Vertiefung in der Mitte des Rückens ausbalanciert und sie unter ungeheurer Anstrengung über den Nestrand schiebt.

Zu diesem Zeitpunkt ist der junge Kuckuck noch nackt und blind, aber unglaublich kräftig. Wenn die Pflegeeltern sehen, wie der kleine Eindringling sich abstrampelt, rücken sie zur Seite, um ihm die Arbeit zu erleichtern. Ganz ungerührt verfolgen sie dann, wie ihre eigenen Eier oder ihre Jungen auf dem Boden landen. Nachdem sich der kleine Kuckuck so seine Nahrungskonkurrenten vom Hals geschafft hat, wächst er schnell heran; innerhalb von 3 - 4 Tagen erreicht er das Gewicht seiner Pflegeeltern. Während die Altvögel pausenlos arbeiten, um seiner unersättlichen Gefräßigkeit Genüge zu tun, wächst er zwei Wochen lang mit der gleichen Geschwindigkeit weiter.



Ein junger Kuckuck wird von Pfegeeltern gefüttert (G. Templin)

Nach 20 Tagen fliegen sie aus. In der letzten Nestwoche verlangsamt sich das Wachstum, während sich die Federn voll ausbilden und er die ersten Flugversuche macht. Die Fütterungszeit ist aber noch nicht beendet, sondern wird noch zwei Wochen dauern. Während die alten Kuckuckspaare bereits auf dem Weg zum Süden sind, müssen sich die jungen Kuckucke allein auf den Weg über die Sahara ins südliche Afrika machen. Dieses Überwinterungsgebiet können sie nur mit Hilfe ihres Instinkts ausfindig machen.


Bei den Haubentauchern in der Widlung am Geserichsee

Unsere ganze heimische Vogelwelt bietet im Frühjahr im Hinblick auf das Balzvorhaben nichts Außergewöhnliches und Schöneres als die Balz der Haubentaucher. Haubentaucher gehören in Deutschland und vor allen Dingen in unserer Heimat noch nicht zu den bedrohten Arten.

Wer die Balz der Taucher beobachten will, muss schon im zeitigen Frühjahr nach ihnen Ausschau halten, denn Haubentaucher beginnen sehr früh mit der Brut und die meisten sitzen vor Ende März bereits fest auf den Eiern. Eine geschlechtsspezifische Rollenverteilung wie bei anderen Vogelarten gibt es nicht. Männchen und Weibchen gleichen sich wie ein Ei dem anderen, so dass man nicht einmal sagen kann, wer von beiden den Partner umwirbt. Es kommt tatsächlich gelegentlich vor, dass das weibliche Tier beim Männchen Begattungsversuche unternimmt. Ihre Lebensweise ist so verwickelt, dass ich mich manchmal frage, ob eigentlich genau bekannt ist, wer bei den Haubentauchern die Eier legt. Wenn man Glück hat, sieht man die Taucher manchmal, wie sie sich Auge in Auge flach auf die Wasserfläche legen und dabei die ausgebreiteten Flügel nach vorn schlagen und die schöne Flügelzeichnung präsentieren.

Haubentaucher weisen neben ihrem charakteristisch gezeichneten Gefieder, ihrer drolligen Balz und ihrem merkwürdigen Sozialverhalten noch weitere Eigentümlichkeiten auf. Die Nester bestehen oft aus feuchten Pflanzenteilen, und darum müssen die Eier mit einer besonders dicken, schützenden Schale versehen sein.



Haubentaucher im Nest (G. Templin)


Die jungen Haubentaucher werden im Rückengefieder versteckt mitgenommen und anfangs mit kleinen Fischen und Federn gefüttert. Die Vielfalt ihrer Lebensäußerungen macht die Haubentaucher zu den fesselndsten und attraktivsten Vertreter unserer Wasservogelwelt. Sie sind neben Milan und Kormoran die größten Fischräuber der Seen.


Der Eisvogel

Vor einigen Jahren habe ich über den Eisvogel geschrieben. In der Zwischenzeit habe ich diese Kolonie wieder besucht und zwar bei Lannoch. Dazu habe ich auch noch einige Zeichnungen gemacht. Dieser Vogel fliegt sehr schnell, obwohl er vom Haussperling überholt wird. Am Schnellsten fliegt er, wenn er im flachen Wasser einen Fisch erspäht. Trotzdem ist er vor Greifvögeln nicht sicher. An einer Stelle zeigte mir mein Freund mehrere Rupfungen von Eisvögeln. Er war selbst Zeuge, wie ein Eisvogel von einem Sperbermännchen direkt von seinem Ansitz weg geschlagen wurde. Es sieht so aus, als hätten die Sperber in dieser Gegend eine besondere Vorliebe für Eisvögel entwickelt. Richtiger scheint mir jedoch die Vermutung, dass die Eisvögel durch ihre auffallende Färbung und durch ihre Gewohnheit, ungedeckte Sitzwarten aufzusuchen, die Aufmerksamkeit des Sperbers viel leichter erregen, als wir glauben.



Eisvogel beim Fischejagen (G. Templin)




Eisvogel mit Fisch (G. Templin)




Eisvogel vor der Brutröhre (G. Templin)



Die Stockente

Wir haben auf unseren Seen sehr viele Stockenten, die sich in den letzten Jahren sehr stark vermehrt haben. Im August beginnt bei ihnen die Mauser. Sie verlieren ihre Schwungfedern auf einen Schlag und sind daher eine Weile völlig flugunfähig. Diese Periode erstreckt sich über drei bis sieben Wochen. Sie verbringen diese Zeit der Flugunfähigkeit zum großen Teil gruppenweise im Schilf oder im Schutz anderer Pflanzen. Interessanterweise verlieren die Erpel im Verlauf der Mauser ihr auffälliges Gefieder und legen ein recht eintöniges, bräunliches, sogenanntes Zwischenkleid an, in dem sie mehr den weiblichen Tieren ähneln. So sieht der Stockentenerpel mit seinem sonst flaschengrünen Kopf, seinem weißen Halsring und der kastanienbraunen Brust ein paar Wochen lang einfarbig braun aus. Bevor er wieder sein gewohntes Aussehen annimmt, ist er nur am Schnabel zu erkennen, der seine gelbe Farbe auch während der Mauser nicht ändert.



Stockenten (G. Templin)



Das Nutzungsrecht der Urheberrechte an den Bildern und Aufzeichnungen von Herrn Gerhard Templin wurde an Frau Christa Mühleisen übertragen.