Der Kreis Rosenberg weist alle
genannten Bildungen der Eiszeit in reizvoller Ausprägung auf. Gegen das
Ende jener Zeit lagerten hier zwei mächtige Eiszungen. Ihre Ränder
stießen zunächst südlich von Rosenberg zusammen. Bei der Fortdauer
der Abschmelzung entfernten sie sich immer mehr voneinander; die eine
schwand in der Nordostrichtung zum Geserichsee, die andere in der
Nordwestrichtung zur Weichsel. Mehrfach wurde die Schmelzperiode durch
Stillstandszeiten unterbrochen. Die Tätigkeit der Gletscher rief einen
Reichtum an Seen hervor. Einer der größten Seen ist der Sorgensee bei
Riesenburg. Insgesamt sind es 65 Seen im Kreis Rosenberg, die Hälfte
aller westpreußischen Seen. Der südliche Teil der Seenplatte ist der
34 km lange Geserichsee. Er ist ein Rinnensee, der flussartig wirkt, da
er stellenweise nur 200 - 300 m breit ist und eine durchschnittliche
Tiefe von 12 m hat. Von diesem großen See möchte ich erzählen, denn er
ist so schön, dass er es wohl verdiente, von berufener Seite, von
Dichtern und Malern gepriesen und verherrlicht zu werden. Aber ich
sage mir, auf Liebhaben kommt es an, deshalb möchte ich es ruhig wagen,
ein Wörtchen mitzureden. "Kennen Sie den Geserichsee?" hört
man auch heute noch viele Landsleute fragen. Eine Antwort hierauf zu
geben ist nicht ganz leicht. Es ist so, als wenn einer fragt:
"Kennen Sie Schiller?" Und der andere antwortet mit der
Gegenfrage: "Welchen Schiller meinen Sie, ach den Dichter, die
Glocke, usw.?"
Nichts
regt sich, nur der Wald rauscht und etliche Vogelstimmen sind zu
vernehmen. Und morgens auf der Schalkendorfer Breite sieht man das
Silber des Wasserspiegels und die Bläue des Himmels darüber. Es ist so
schön ruhig und friedvoll. Die Försterei Lannoch liegt so romantisch
da, denn wir haben ja noch tiefsten Frieden. Dort liegt die
Preußenhütte. Es ist ein ausgedienter D-Zug Wagen, der manch einem
Wasserwanderer Unterschlupf vor Unwetter und einbrechender Nacht gab.
Wie oft haben wir am Ufer beim Lagerfeuer gesessen und in die Nacht
gelauscht. Gegenüber liegt die Widlung, es ist eine große Bucht. Im
Frühjahr ist sie ein Fischschutzgebiet. Kormoran-, Reiher- und
Adlerhorste sind hier vorhanden. Eine Deutsch-Eylauer Dichterin hat
über diese Widlung ein Gedicht geschrieben:
Für das Wasserwandern ist der
Geserichsee ein Paradies. Bei einer Länge von 34 km zeichnet er sich
auch gegenüber anderen ost- oder westpreußischen Seen durch seine
trockenen Ufer aus, die überall Platz zum Anliegen bieten und mit ihren
Hochwaldbeständen ruhigen und angenehmen Aufenthalt versprechen. Die
zahlreichen Buchten und Inseln sind rechte Plätzchen für den, der die
Einsamkeit liebt; anders als etwa die Berliner Seen mit
Menschenschwärmen und dem Lärm. Für die Segler mag bei Windstärken 4 oder 5 an
Wellen wie Schalkendorfer, Lannocher und Schwalgendorfer Breite schon
eine Vorsicht geboten sein. - In Deutsch Eylau sind jetzt sehr viele
Segelboote für große Fahrt vorhanden. Dazu kommen noch die Ruderboote,
die mit einem Segel ausgerüstet sind. Auch die vielen Paddler und
Motorbootfahrer kommen auf dem Geserichsee zu ihrem Recht.
Und
nun noch einige Worte zur Vogelwelt, sie ist sehr artenarm. Das hängt
damit zusammen, dass der See ein nicht so tiefer Rinnensee ist. Vögel,
die Pflanzennahrung brauchen, können hier nicht leben. Und auch die
Fischfresser ziehen flache Seen vor. So sind hauptsächlich eigentlich
nur einige Arten vertreten: Haubentaucher, Drosselrohrsänger, Reiher,
Kormorane, Milane, Fisch- und Seeadler und natürlich die Enten.
Eine
Wasserfläche ohne Vögel ist wie ein Brot ohne Salz. Wer es nicht
glaubt, der muss eine Dampfer- oder Bootsfahrt auf dem Geserichsee
machen. Vor allen Dingen wenn man in der Nähe des Ufers fährt. Man
hört dann das einförmige Lied des Drosselrohrsängers. Jedes Kind
kennt das "Karrakit" und weiß, dass er sein Nest an 4 Rohrstangen
aufhängt, es ist ein kunstvolles Vogelnest. Über diesen Vogel habe ich
schon geschrieben. Eine sehr auffällige Erscheinung am Geserich ist der
Fischreiher, der hinter der Einfahrt zur Widlung eine sehr große
Kolonie hat.
Am Abend
war es am Wasser am allerschönsten, wenn die Wälder dunkelten und der
ganze See in Gold und Purpur schwamm. Er sah aus, als wenn eine Wolke
von flimmerndem Goldstaub in der Luft war. Die Schwalben über dem See
kreisten immer schneller und höher in den Glanz des leuchtenden
Abendhimmels. - Dann wurde es ringsherum stiller. Oft hörte man
Harmonikaklänge, die sich mit dem Blau des Sommerabends in eine
Harmonie verschmolzen. Dann kamen von den Wiesen der Insel Gr. Werder
hauchzarte Nebelschleier heran geschwebt und es wurde dunkel. Man hörte
nur noch das Plätschern der Wellen, wenn sie gegen das Ufer stießen.
"Gute Nacht, lieblicher See!" Copyright Gerhard
Templin & Christa Mühleisen |