Eine lustige Weihnachtsgeschichte

von Gerhard Templin


Bearbeitung: C. Mühleisen




Weihnachtsdekoration (G. Templin)


Unser Enkel Henri, der in diesem Jahr (Weihnachten) schon 6 Jahre alt wird und dann zur Schule muss, kommt öfter zu uns und erzählt uns seine neuesten Erlebnisse. Zur Zeit will er Höhlenforscher werden und sammelt Steine, die er uns mitbringt und seine Vorträge darüber hält. Aber auch wir erzählen ihm Geschichten, die er aufmerksam anhört. Da es bald Weihnachten ist, erzählte ich ihm vom verschwundenen Christkind.

Dieses geschah vor dem Krieg in einer ostpreußischen Kirche. Die Gemeinde war stolz auf die Weihnachtskrippe, die vor dem Altar stand. Gemeindemitglieder hatten sie gebaut und bemalt. Da waren neben Maria und Josef auch Esel, Ochs und Schäfchen, die alle aus Holz geschnitzt waren, auch die drei Weisen aus dem Morgenland. Über dem Stall glänzte durch eine Öffnung der Stern. Das Christkind in der Krippe war das Entzücken aller Kinder, die zu gerne sich das Kind ansahen. Niemand hätte sich ein Weihnachtsfest ohne diese Krippe vorstellen können. Wenn bei der Mette um Mitternacht der Stern über der Höhle aufleuchtete, war das Christkind in der Krippe plötzlich heller.

Und dann das Unfassbare. Als am Tage nach Weihnachten der Pfarrer durch das Kirchenschiff zur Sakristei schritt und einen Blick auf die Krippe werfen wollte, kam ihm der Küster in heller Verzweiflung entgegen. "Herr Pfarrer", rief er vor Aufregung, "das Kind ist weg, unser Jesuskind ist aus der Krippe gestohlen worden". Der Pfarrer schüttelte den Kopf. Er konnt es nicht glauben, das kann nur einer gewesen sein, der neidisch auf unsere Krippe ist und er sagte: "Wir wollen selber Detektiv spielen". Sie setzen sich hinter einen Pfeiler und beobachteten die Kirchentür. Kaum hatten sich der Pfarrer und der Küster versteckt, öffnete sich die Kirchentür und ein kleiner 6-jähriger Junge betrat die Kirche. Was trug er unter seinem Mäntelchen? Schon öfter hat der Pfarrer Süßigkeiten und Spielzeug in der Krippe gefunden. Er legte behutsam den mitgebrachten Gegenstand in die leere Krippe und glättete Stroh und Moos. Als er zur Seite trat, traute der Pfarrer seinen Augen nicht, da lag vor ihm holdselig lächelnd, mit zärtlich ausgestreckten Händen das verschwundene Jesulein.

Nun wandte sich der Knabe zum Weggehen. Aber dann blickte er sich noch einmal um und nickte dem Kind in der Krippe so vertraut und lächelnd zu, wie etwa einem guten Kameraden nach fröhlichem Spiel. Da stand der Pfarrer vor ihm. "Wie kommst du zu dem Jesulein?", fragte er erstaunt. "Wo hast du es gefunden?", "oder wer hat es dir gegeben?" "Niemand hat es mir gegeben", sagte der Knabe, "ich habe es aus der Krippe genommen". "Warum denn, was hast du mit dem Jesulein gemacht?" Jetzt wurde das Kind verlegen und blickte scheu vor sich hin. Aber dann schaute es den Pfarrer so treuherzig an und sagte: "Herr Pfarrer, das war nämlich so, ich hätte so gerne einen schönen Roller gehabt, weil ich so gerne Roller fahre". "Und hast du keinen bekommen", fragte der Pfarrer. "Für meine Mutter war er zu teuer", sagte der Knabe, "und da habe ich mir einen vom Christkind gewünscht. "Und das Christkind hat dir den Roller gebracht?" "O ja, Herr Pfarrer", nickte der Knabe und sein Gesichtchen strahlte vor Glück. "Einen wunderschönen Roller, und ich bin so glücklich damit und dem Christkind so dankbar. Ach, Herr Pfarrer, und da hab' ich gedacht, wo doch alle Kinder so gern Roller fahren, würde es dem Christkind auch Freude machen, und weil ich ihm so dankbar bin, wollte ich ihm zeigen, wie schön es sich mit dem Roller fahren lässt". "Und dann bist du mit dem Jesulein Roller gefahren?" "Ja, Herr Pfarrer, jetzt eben in der schönen Mittagssonne. Drei Ehrenrunden habe ich mit ihm um die Kirche gemacht". "Das war eine gute Tat und du bist ein gutes Kind", sagte der Pfarrer.



Mutter und Kind holen einen Weihnachtsbaum (G. Templin)


Im Dezember

Es war mal im Dezember, da spielten einmal fein
Ein Bruder undein Schwesterlein in ihrem Stübchen klein.
und wie sie also spielten, da klopft es draußen an,
Und in das Stübchen poltert ein Ungetüm von Mann.
Der war auf seinem Leibe rauh wie ein wilder Bär,
Auch brummte er so grimmig, als ob er einer wär.
"Nun, Kinder lasst mich hören: Seid ihr auch fromm und gut?
So betet her ein Sprüchlein, sonst schlag ich mit der Rut".
Die Kinder aber beten, so fromm, wie sich's gebührt.
Und haben mir ihrem Sprüchlein den rauhen Mann gerührt. 
Dann plötzlich hagelt's Nüsse und Äpfel um sie her,
Den Brummbär sahen die Kinderchen nicht mehr.




Am Neujahrsmorgen (G. Templin)


Zu Neujahr

Will das Glück nach seinem Sinn
Dir was Gutes schenken,
Sage Dank und nimm es hin
ohne viel bedenken.

Jede Gabe sei begrüßt,
Doch vor allen Dingen:
Das, worum du dich bemühst,
möge dir gelingen

Wilhelm Busch


Ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein friedvolles Neues Jahr wünschen Henri, seine Eltern und Großeltern von den Templins - früher Deutsch Eylau - aus Hannover.

Das Nutzungsrecht der Urheberrechte an den Bildern und Aufzeichnungen von Herrn Gerhard Templin wurde an Frau Christa Mühleisen übertragen.