Auch das war Deutsch Eylau Zweimal
in der Woche wurde es auf unserem großen herrlichen Markt einschl.
Schloss - Str. und Kirchplatz lebendig. Schon früh am Morgen hörte man
an jedem Mittwoch und Sonnabend das Knattern der Bauernwagen und
Klappern der Pferdehufe auf den Zufahrtsstraßen zum Marktplatz. Diese
Straßen hatten damals noch Kopfsteinpflaster, nur der Markt hatte schon
eine Asphaltdecke. Einige Bauern brachten ihre Fahrzeuge in den Ausspann
u. a. zu Falk, Scheminski, Reschke, Schilkowski, Pfahl und Pflug. Die
Landwirte, die etwas verkaufen wollten, fuhren auf den Markt und nahmen
Aufstellung vor der Ladeninsel: Dort stand auch immer unser Großonkel
mit der Tante Minna aus Scharschau mit ihren landwirtschaftlichen
Erzeugnissen. Nicht nur auf der Straße kamen die Bauern, auf dem See
kam das Motorschiff Ernst aus Schalkendorf und Schwalgendorf mit ihren
Erzeugnissen. Pünktlich um 8 Uhr begann der Verkauf auf dem Markt. Meine
Mutter ging an diesen Tagen immer zum Markt und so habe ich sie öfter
begleitet. Sie war damals noch sehr jung, aber sie wusste, was sie
kaufen wollte. So waren gleich an Otto Estner, Beginn der Schloss - Str.
die Fischstände. Die Auswahl war riesengroß. Der erste Stand gehörte
Fischer Weichert mit seinem Fräulein Seewaldt. Hechte, Zander (vor dem
Weltkrieg wurden sie jeden Donnerstag an des Kaisers Tisch geliefert),
Brassen, Barsche, Aale und Quappen gab es hier. Frl. Seewaldt wusste,
dass ich so gerne den großen Rogen der Quappen aß und so hatte sie
immer einige für mich bereit, die in der Fischsuppe köstlich
schmeckten. Sie rief dann immer: "Gerhard ich habe was für
Dich!"
Bei den Fischern habe es nicht nur Frischfisch,
sondern auch geräucherte Ware: Aale, Bücklinge, Sprotten u. a. m.
Meine Cousine Hilde hatte dort ein besonderes Erlebnis. Sie hat für
ihre Mutter, unsere berühmte Tante Anna, 2 Aale gekauft. Gleich an der
Ecke traf sie eine alte Schulfreundin, sie jabberten um die Wette. Da
die Aale noch lebten, flutschten sie aus dem Papier über den Korbrand
auf den Bürgersteig in den naheliegenden Regenkanal und waren
verschwunden. Die ganze Verwandtschaft machte sich darüber lustig.
Hilde hat nie wieder Aale gekauft. Gleich hinter den
Fischhändlern waren die Obst-, Gemüse- und Blumenstände. U. a. hatte
dort der Gärtnermeister Urlaub seinen Stand. Die Bezeichnung für seine
Äpfel machte er selber. So hießen seine Äpfel: Sommerjungfernschönchen
oder Winterjungfernschönchen usw. (Anm. Im letzten Krieg hat er sehr
viele russ. Panzer abgeschossen, erhielt sehr hohe Auszeichnungen und
wurde Offizier). Übrigens war er auch Turnwart im Turnverein. Meine
Mutter kannte ihn aus der Jugendzeit. Bei ihren Einkäufen erhielt sie
immer einen Blumenstrauß und mit seinen Gewichten war er auch nicht so
genau, wenn seine Frau nicht dabei war.!! Ja, so war Deutsch Eylau, eine
herrliche Stadt. Vor
dem Hotel "Zum Kronprinzen" saßen oder standen die Pilz- und
Beerenanbieter. Pfifferlinge, Steinpilze und Maronen waren sehr beliebt.
Auch wurden hier aromatische Walderdbeeren und Blaubeeren angeboten.
Öfter wurden hier auch lebende Gänse, Enten, Kaninchen, Hühner und
Täubchen gehandelt. Vor der langen Seite von Roswadowski bis
zum Hotel "Kowalski" standen unsere deutschen Landfrauen mit
allen möglichen Sorten Eier in Häcksel gebettet. Sie wurden zu Mandeln
(15 Stck.) oder Schock (60 Stck.) gehandelt. Auch Geflügel und Butter
konnte man dort kaufen.
Die dritte Bäuerin schien eine naive Frau zu sein,
vielleicht auch ein wenig schüchtern. Sie blickte nur auf das
Körbchen, in dem die Butter lag. Das schönste Stück lag obenauf, und
die Grigoleitsche probiert einmal, dann noch einmal und sagte
nachdenklich: "Ein komischer Geschmack, sehr würzig, was für
Zutaten haben Sie dazu genommen?" "Zutaten? Nee, es ist man
nur, aber dafür lasse ich Ihnen zwei Dittchen abhandeln. Wissen Sie,
ich habe sechs Kinder...! Und was mein Jüngstes ist, das ist erst ein
Jahr alt, aber sauber sag ich Ihnen, geht allein aufs Töpfchen. Und da
hat es nachts den Sahnetopf mit seinem Töpfchen verwechselt. Ich habe
versucht, es vorsichtig von oben abzuschütteln, aber es ist sicherlich
doch noch was drin geblieben, aber wie gesagt, ich lasse zwei Dittchen
ab." Diese Episoden und noch viel mehr
haben mir meine Mutter und die "Tante Anna" erzählt. Diese
Tante war der Anziehungspunkt für alle Nichten und Neffen. Hier
erfuhren sie alle Dummheiten. Herrlich war es auf dem Markt zur
Weihnachtszeit. Festlich geschmückt bot er sich dar. An jeder Ecke
wurden Weihnachtslieder gespielt, sogar der Leiermann mit seiner Orgel
war da, jetzt gab es die gemästeten Gänse und Enten in Mengen. Es
waren noch die alten Zeiten. Ach war das eine herrliche Stadt. |