Rund um die Martinsgans Herkömmlich heißt der 11.
November Martini oder Martinstag. Um Martini muss die Wintersaat
bestellt sein. - Auch die Hausfrau hat die letzten Herbstfrüchte aus
Wald und Garten eingelagert und für die kalte Jahreszeit verarbeitet
und dauerhaft konserviert. So bildet der Martinstag den natürlichen
Abschluss des bäuerlichen Wirtschaftsjahres. Auf dem Lande begannen die
Pachtfristen, Abrechnungen und auch die Dienstverhältnisse, aber auch
auf den Höfen die Personalwechsel. So sah man lange Leiterwagen mit dem
ganzen Hab und Gut, sowie mit einer großen Kinderschar zu einem neuen
Arbeitgeber umziehen. Aber auch Knechte und Mägde feierten am 11. 11.
ihren Einstand oder Abschied. Anlässlich des Umzugstages spielte die
Martinsgans eine große Rolle. Auch das Gesinde erhält seinen Anteil
beim Verspeisen des knusprig braun gebratenen Gänsevogels. Dass er
nicht nur wohlschmeckend, sondern auch heilkräftig ist, bekam ich schon
in meiner Kinderzeit zu hören. Beim Festmahl bei meinem Großvater
wurde ich aufgeklärt, welche Voraussagen sich treffen lassen, wenn an
bestimmte Knochenteile der verputzten Gans gegen das Licht hält. Das
säuberlich abgenagte Brustbein vom Gänsebraten gilt gewissermaßen als
Wetterprophet für die kommenden Monate. So heißt es: "Ist das
Brustbein braun, so wirst im Winter viel Kälte zu schaun, ist es aber
weiß, so bringt der Winter viel Schnee und Eis." So gibt es noch
alte Bauernregeln: "Bringt Sankt Martin Sonnenschein, tritt ein
kalter Winter ein."
Wie ist nun der populäre Heilige
zur Beziehung zur Gans gekommen? Martin war schon in jungen Jahren für
das Bischofsamt vorgesehen; aber aus Bescheidenheit scheute er sich, die
Würde anzunehmen. Daher verbarg er sich heimlich in einem Gänsestall.
Aber das laute Geschnatter der Gänse verriet die Anwesenheit des
Gastes, so dass er sich der Bischofswahl nicht entziehen konnte. Zur
Strafe für den unerwünschten "Verrat" ließ der neu
eingesetzte Bischof von Tours die vorwitzigen Vögel schlachten und als
leckeren Gänsebraten auftischen. Dies Geschehen wird als Ursprung des
Brauches angesehen, dass Christen seitdem Martinsgänse zu essen
pflegen. Zur Erinnerung an den mildtätigen
großherzigen Reiter als Symbol praktizierender Nächstenliebe und
Barmherzigkeit feiern die Kinder überall in Deutschland Sankt Martin am
Vorabend des Martinstages mit einem Fackelzug. Die Kinder folgen dabei
mit Lampions und selbstgebastelten Laternen, die auch schon mit
vorweihnachtlichen Symbolen geschmückt sein können. Sankt Martin, der
Legende entsprechend hoch zu Ross, führt die Schar in der Gestalt eines
römischen Legionärssoldaten an.
Die Kinder singen das Lied:
Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne, brenne auf, mein Licht usw. Es
gibt aber noch ein anderes Lied: |