Das Pfingstfest in der alten
Heimat 3 Tage vor Pfingsten sprach mein Vater immer die
Worte: "Pfingsten kam und wurde nicht gefeiert." Er erinnerte
uns immer an die Pfingstfeste im Ersten Weltkrieg. Aber nach dieser
schrecklichen Zeit begann wieder eine Neue. Wenn auch die zwanziger
Jahre recht düster waren, so feierten wir doch Pfingsten nach alten
Sitten und Gebräuchen. Schon vom Himmelfahrtstag an - der Tag der
wandernden Turner und anderer Vereine, wie z. B. der Gesangverein in
Deutsch Eylau, ging es hinaus in Gottes schöne, weite Welt. Auch das
Musikkorps der Wehrmacht und die Liedertafel machten im Waldschlösschen
ein Konzert. In der Zeit vor dem Pfingstfest wurden die Wohnungen oder
Häuser vom Boden bis zum Keller geputzt.
Das zeigt nicht, das
alles vorher unsauber war. Nein, dieses Fest war etwas besonderes. Man
ging in den Wald und holte Birkengrün. Die Haustüren wurden damit
geschmückt. "Ausmaien" nannte man diesen Schmuck mit frischem
Laub. In den Städten wurde Birkengrün vom Pferdewagen verkauft. Mein
Großvater fuhr mit uns Jungens einen Tag vorher mit seinem Ruderboot
auf den Geserichsee. Er kannte die sumpfigen Stellen und holte Calmus
(ein Aronstabgewächs). Für Küche und Flur schnitt man die Stiele in
kleine Stücke und verstreute sie an den Wandseiten. In den übrigen
Räumen stellte man ganze Stiele in die Fensternischen und Bilder. Die
ganze Wohnung hatte einen lieblichen Duft. Calmus hat auch heilende
Wirkung. Zum Baden für schwächliche Kleinkinder kochte man diese
Stiele, die Wirkung soll sehr gut gewesen sein. Sogar die Lokomotiven
und Türen der Personenwagen der Züge waren mit Birkenlaub geschmückt,
gleichfalls die Kutschen und sonstigen Fahrzeuge.
In diesen Tagen
kam das Vieh auf die Weide. Beim ersten Austrieb sprangen die Fohlen und
Kälber über die Stallschwelle, unter der man eine Axt oder Beil gelegt
hatte, also Stahl. Nun waren sie gegen Blitz geschützt und gegen
Krankheit und Unbilden trugen sie an der linken Halfterseite ein kleines
rotes Bändchen - Bannmal. In manchen Gegenden fand auch eine
Feldbesichtigung zu Pferde statt (Ritt um die Grenze), man nannte es
Bannritt, wobei die Saaten, Wiesen und Weiden bei einem anschließenden
Umtrunk diskutiert wurden. Aber auch für die Mädchen gab es etwas
Besonderes. So stand oft am Pfingstmorgen ein Stab mit einem Busch
Birkengrün vor dem Fenster der Angebeteten. In der Stadt kannte man diesen
Brauch weniger, aber auf dem Dorfe gab es diesen Brauch schon.
Von den restlichen
Blumen wurde ein Strauß für die Mutter gemacht, denn die Mutter sagt
immer: "Es tut den Blumen weh, wenn man sie abreißt und dann
liegen lässt." Wo gibt es so etwas heute noch? "Schmückt das
Fest mit Maien." Wir taten es alle, damals in unserer Heimat im
geliebten Kreis Rosenberg. |