Teil 1 - Vorfahren, Familie und Kindheit Hindenburgs


Das aus der Altmark stammende Geschlecht der Beneckendorffs, das urkundlich im Jahre 1280 zum erstenmal auftritt, stellte schon zur Ordenszeit Ordensritter und " Kriegsgäste ", um gegen die Heiden und Polen zu ziehen. Durch Grundbesitz war es fest in Ostpreußen verwurzelt. 1755 erhielt Otto Friedrich von Hindenburg für treue Dienste im Heer von Friedrich dem Großen das Gut Neudeck.


Foto Nr. 2:  Der Sieger von Kolin. Ludwig Ernst von Beneckendorff (1711-1801). Pastellgemälde von Johann Heinrich Schmidt, im Besitze von Freifrau Henriette von Fritsch geb. v. Jordan in Dresden.

Im Jahre 1789 starb das Geschlecht derer von Hindenburg aus und der Name wurde mit dem märkischen Adelsgeschlecht von Beneckendorff vereinigt. Beide Adelsgeschlechter hatten großen Grundbesitz und wanderten vom Westen gen Osten, so daß sie in Preußen ansässig wurden. Durch die Vermählung einer Scholastiska Katharine von Hindenburg mit Hans Heinrich von Beneckendorff,  etwa um 1710, kam die vorgenannte Vereinigung beider Familien zustande. Der letzte des Geschlechts, Otto Friedrich, schenkte die Güter Limbsee und Neudeck im westpreußischen Kreise Rosenberg seiner Schwester Margarete. Als Erben traten die Enkel ihrer Schwester Scholastica ein, mit der Bedingung, daß die Beneckendorffs den Namen von Hindenburg übernehmen und das Wappen der Hindenburgs neben dem eigenen führen. Der damalige König Friedrich Wilhelm II. von Preußen gab 1789 sein Einverständnis, so daß der Urgroßvater unseres Reichspräsidenten, Johann Otto Gottfried, zum erstenmal beide Namen trug.



Foto Nr. 3: Johann Otto Gottfried von Beneckendorff und von Hindenburg (1742-1827), Herr auf Keimkallen, verheiratet mit Luisa Freiin zu Eulenburg,

Die Erbschaft von Limbsee und Neudeck trat Otto Gottfried von Beneckendorff und von Hindenburg an, dessen ältester Sohn, Heinrich Wilhelm Ernst, Offizier wurde und als Kommandant der Festung Thorn sich die Achtung und Liebe der Bürgerschaft in solchem Maße erwarb, daß er zum Ehrenbürger der Stadt ernannt wurde. Sein jüngerer Bruder Otto Ludwig hatte, nachdem Limbsee verkauft worden war, das Gut Neudeck übernommen, das dann auf seinen Sohn Robert überging.



Foto Nr. 4: Otto Ludwig von Hindenburg  (1778-1855), königlich  preußischer Landschaftsdirektor mit seiner Gemahlin Eleonore von Brederlow,  die Großeltern des Generalfeldmarschalls. Er baute um 1800 das erste Neudecker Schloß.




Foto Nr. 5:  Geburtsanzeige von Paul von Beneckendorff und von Hindenburg 


Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg wurde am 2.10.1847 in Posen als der älteste Sohn geboren und hatte noch zwei Brüder und eine Schwester. Sein Vater, Robert von Beneckendorff und von Hindenburg (1816 als jüngstes von 14 Kindern eines Landschaftsdirektors in Neudeck geboren) war zu der Zeit Leutnant im 18. Infanterie - Regiment. Hindenburgs Mutter war die Tochter des damals auch in Posen lebenden katholischen Generalarztes Dr. med. Karl Ludwig Schwickart und seiner Frau Julie, der älteren Tochter des Generalchirurgen Friedrich Moennich.

Die heimatliche Scholle der Beneckendorffe vom Otto-Ludwig-Stamme (Großvater väterlicherseits), Neudeck, hat der kleine Paul schon im Frühjahr 1849 kennengelernt, wohin er zusammen mit seiner Mutter fuhr. Zu ihrem Schmerze fand letztere bei ihrer Rückkehr den Vater nicht mehr lebend vor. Der Generalarzt Schwickart, der am 30. August 1813 als Arzt eine offizierslos gewordene Kompanie zum Sieg geführt hatte und dafür mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden war, mit Kleist von Nollendorf befreundet war und an Gneisenaus Sterbebette gestanden hatte, den hatte eine rasche Krankheit gefällt; er war am 3. Juni 1849 gestorben. Am 24. August desselben Jahres wurde dem Ehepaare Beneckendorff von Hindenburg, dessen männliche Hälfte gerade damals durch den badischen Feldzug von der weiblichen getrennt war, der zweite Sohn geboren, der auf den Namen Otto getauft wurde.

Es war damals üblich, daß die jüngeren Söhne der Gutsbesitzer Offiziere wurden. Die Erziehung der Kinder war schlicht und einfach. Die Söhne kamen häufig in Kadettenkorps, weil eine Erziehung auf dem Lande nicht möglich war. Auch Otto wählte die soldatische Laufbahn und heiratete im 24. Lebensjahr seine Base Lina von Beneckendorff.



Foto Nr. 6:  Geburtshaus in Posen

Paul von Hindenburg empfing wohl seine ersten Eindrücke als Vierjähriger in Pinne (Posen), wohin sein Vater als Chef einer Landwehrkompanie versetzt worden war.



Foto Nr. 7:  Wohnhaus in Pinne

Von den Großeltern, die in Neudeck lebten, ließen sich Paul und sein um zwei Jahre jüngerer Bruder nur zu gern Geschichten vom Krieg erzählen. Der Großvater hatte die Schlacht an der Beresina (rechter Nebenfluß des Dnjepr) mitgemacht. Vom Soldatenleben und Kriegsgeschehen zu hören, war für diesen Knaben besonders interessant. Tiefen Eindruck machte es, wenn der Großvater erzählte, wie er im Winter 1806/07 bei Napoleon I. im nahen Schloß Finckenstein als Landschaftsrat um Erlaß von Kontributionen bitten mußte, dabei aber kalt abgewiesen wurde.

Auch von Durchmärschen und Einquartierungen der Franzosen in Neudeck wurde berichtet. Paul von Hindenburgs Onkel von der Groeben, der an der Passarge ansässig war, wußte von den Kämpfen an diesem Abschnitt im Jahre 1807 zu berichten. Die Russen drangen damals über die Brücke, wurden aber wieder zurückgeworfen. Ein französischer Offizier, der mit seinen Mannschaften das Gutshaus verteidigte, wurde in einem Giebelzimmer durch das Fenster erschossen. Es fehlte nicht viel, dann hätten die Russen 1914 wieder diese Brücke betreten.

Das Los des Soldaten, zu wandern, führte Hindenburgs Eltern von Posen nach Graudenz, Köln, Pinne in der Provinz Posen, Glogau und Kottbus.

Die Eltern waren nach dem Tode der Großmutter Eleonore, die am 18. Februar 1863 ihrem Gatten Otto Ludwig von Beneckendorff und von Hindenburg (gest. am 18. Juli 1855) ins Grab gefolgt war und nachdem Vater Robert nach dreißig Dienstjahren am 10. Juli 1863 als Major den Abschied genommen hatte, in das leer gewordene Gutshaus auf Neudeck gezogen.


Foto Nr. 8:  Das Familiengut in Neudeck bei Freystadt. Um 1800 baute Otto Ludwig von Beneckendorff und von Hindenburg das alte Gutshaus, das als Muster für den ostpreußischen Gutshausbau im 19. Jahrhundert angesehen wurde: einstöckiger Putzbau unter tief herabgezogenem Mansardendach.


Paul von Hindenburg verbrachte den Urlaub mit Frau und Kindern oft in Neudeck, wo die Eltern ungeduldig auf die Ankunftsstunde warteten, mit herzlicher Liebe die Ankommenden begrüßend und in den behaglichen Räumen aufnehmend, in denen die Ferienzeit gar so schnell verging. Einstmals nahm Hindenburg seinen Sohn auf die Arme, ausrufend: "Junge, ich freue mich schon darauf, wenn ich erst mit dir am Biwakfeuer sitzen werde, im Kampf gegen Rußland!"

Hier lebten die Eltern bis zu ihrem Tode. Am 5. August 1893 schloß die Mutter Luise von Beneckendorff und von Hindenburg, geb. Schwickart ihre Augen für immer und am 16. April 1902 starb im Alter von 86 Jahren der Vater Robert von Beneckendorff und von Hindenburg. Beide fanden ihre letzte Ruhestätte im Schatten eines alten weitästigen Lindenbaums auf dem Kirchhofe von Neudeck. 



Foto Nr. 9:  Robert von Beneckendorff und von Hindenburg und seine Gemahlin Luise von Beneckendorff und von Hindenburg, geb. Schwickart sitzen  auf der Veranda von Gut Neudeck. Diese Aufnahme müßte etwa von 1893 sein. Das Datum auf der rechten Seite der Photographie stimmt nicht, weil Hindenburgs Mutter zu diesem Zeitpunkt schon lange tot war. 

Herrin auf  Neudeck und Wolla, ein anderes Familiengut, war seit Oktober 1892 die Base und Schwägerin des Feldmarschalls, Lina von Beneckendorff und von Hindenburg, seit Dezember 1908 Witwe seines Bruders Otto. Der Major Otto von Beneckendorff und von Hindenburg war ein echter Kavalllerist Rosenbergscher Schule.

Teil 2 oder Index

 

09.06.05 -a-